Dienstag, 7. Dezember 2021

Es geht auch ohne Olive Kitteridge


Elizabeth Strout, Alles ist möglich Luchterhand Literaturverlag, München 2018ISBN 9783630875286, 
256 Seiten, 20,00 EUR.

Das erste Buch, das ich von Elizabeth Strout zu lesen bekam, war ein Zufallsfund aus dem öffentlichen Bücherschrank in Bessungen. Ich hinterlasse dort oft ältere Bücher, die ihre Zeit bei mir gehabt haben,  um Platz im Regal zu schaffen. Leider nicht immer mit Erfolg, denn öfters bringe ich ein Buch hin und komme mit neuen Büchern zurück.

So fand ich vor längerer Zeit auch Elizabeths Strouts “Mit Blick aufs Meer” im Bücherschrank und war völlig überrascht, dass ich beim ersten Durchblättern auf einen Namen stieß, den ich aus einer Verfilmung kannte, und den ich schon deshalb mochte, weil Frances McDormand die Hauptrolle spielte: Olive Kitteridge

Das Buch hielt, was der Film versprach, und noch mehr: Ich war buchstäblich angefixt vom Inhalt des Romans und vom Stil der Autorin. Das zweite Buch habe ich dann regulär gekauft: Elizabeth Strout: Die langen Abende.

Jetzt also eine neue deutsche Veröffentlichung: Elizabeth Strout: Alles ist möglich.
Neun Geschichten aus dem Mittleren Westen, genauer: aus Illinois, mit Blick auf Milieus und Mentalitäten.  Alle handelnden Personen sind miteinander verwandt, verschwägert, befreundet oder untereinander verfeindet. Ein Mikrokosmos der ländlichen und kleinstädtischen weißen Mittel- und Unterschicht des Mittleren Westens tut sich vor uns auf.

Erbauliche Wohlfühlgeschichten sind das alle nicht. Es geht um Brandstiftung, Ehebruch, Scheidung, Misshandlung, Neid und Missgunst, alle menschliche Schwächen sind im Tableau enthalten. Im 7. Kapitel (“Zimmer mit Frühstück”) tritt mit Shelly Small, “die von der Ostküste kam”, eine Person auf, die von Grund auf einen fiesen Charakter hat und die man von Herzen verachten möchte. Ein sehr seltenes Exemplar in Elizabeth Strouts Figurenwelt. 
Es gibt auch versöhnliche Charaktere, so der ehemalige Farmer und spätere Hausmeister der örtlichen Schule, Tommy Guptil, der dem Sohn des Mannes verzeiht, der Tommys Farm in Brand gesetzt hat und sich selbst schuldig fühlt.

Im heimlichen Mittelpunkt der Erzählungen steht eine alte Bekannte aus früheren Romanen (z.B. „Die Unvollkommenheit der Liebe“), Lucy Barton, “die in der Schule von allen verspottet wurde und nie in die Pausen ging”, aufgewachsen im tiefsten Prekariat (“Wir aßen vor Hunger aus Mülltonnen”) und die später als erfolgreiche Autorin in New York lebt. In vielen Geschichten spielt sie mit oder schwebt wie ein Geist über den Geschichten, so wie einst Olive Kitteridge.

Die Personenvielfalt mag manchmal verwirren, aber Alle und Alles hängt mit Allen und Allem zusammen, vermutete mal ein deutscher Philosoph, und so ist es auch mit den Geschichten und Personen in Elizabeth Strouts Erzählungen.

Schließlich klärt uns Elizabeth Strout auch soziologisch auf.
Hätte Dottie so lange von sich geredet, dann hätte sie sich besudelt gefühlt, inkontinent. Das lag an der unterschiedlichen Sozialisation, wie sie mittlerweile wusste - wobei ihr schien, dass sie Jahre gebraucht hatte für diese Erkenntnis. Und ihr schien auch, dass diese Thematik der unterschiedlichen Sozialisation in ihrem Land heutzutage zu kurz kam. Und die Art der Sozialisation hing vom Milieu ab, worüber hierzulande natürlich erst recht niemand sprach, weil sich das nicht schickte, aber Dottie dachte bei sich, dass die Leute auch deshalb nicht über Milieu sprachen, weil ihnen der Begriff im Grunde nichts sagte. Hätten die Leute zum Beispiel gewusst, dass Dottie und ihr Bruder sich als Kinder aus Müllcontainern ernährt hatten, was würden sie daraus ableiten? Ihr Bruder bewohnte nun seit Jahren eine riesige Villa in einem Nobelvorort von Chicago und besaß eine Fachfirma für Klimaanlagen, und Dottie war gepflegt und adrett und bestens informiert über das Weltgeschehen und betrieb ihre Frühstückspension mit großem Erfolg, was würden die Leute also sagen? Dass sie und ihr Bruder Abel den amerikanischen Traum verkörperten und dass all die anderen, die nach wie vor aus Müllcontainern aßen, es nicht anders verdienten? Sehr viele Menschen wären insgeheim dieser Meinung. Shelly Small mit ihrem bulligen Mann und ihrem schütteren Haar wäre sogar ziemlich sicher dieser Meinung. (196)
Elizabeth Strout zu lesen heißt für mich immer noch, Einblick in ein Land zu gewinnen, das mir durch seine Kultur so nahe und durch seine Politik so fremd geworden ist: die Vereinigen Staaten von Amerika.

Rezensionen

Rezensionsübersicht beim

Die amerikanische Schriftstellerin Elizabeth Strout fügt in “Alles ist möglich” aus den Fragmenten einer Familie einen grandiosen Roman zusammen SZ 12.3.2019
 

Eine Art Fortsetzung ist der jüngste Roman von E.St.:

Deutschlandfunk Kultur:

SWR2 Literatur
 

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Zurück auf Anfang

 Haben wir es vermasselt? Und wenn ja, wer ist "wir"?



Die Zahlen steigen, die Politik reagiert (langsam)

Die Ursache für die steigenden Zahlen liegt auch darin, dass es zwar Vorschriften gibt, um die Kontakte zu reduzieren, aber nur wenig Kontrolle. Die Süddeutsche Zeitung berichtet aus Sachsen(leider hinter einer Bezahlschranke), wo Kontrolleure und Kontrollierte die Kontrollen mehr als locker handhaben und auch sonst eine gewisse Lockerheit gegenüber dem Infektionsgeschehen bei allen Beteiligten zu beobachten ist. Inzidenz in Sachsen am 1.12.2921: 1209,4 - unangefochtener Spitzenreiter in Deutschland.
Sachsens Ordnungshüter können auch anders, wie man hier lesen kann. Wenn es nämlich gegen Linke geht: Kritik am Vorgehen der Polizei bei unerlaubten Corona-Demos in Sachsen.

Über ähnliche, wenn auch nicht ganz so ausgeprägte Mängel berichtet die "Frankfurter Rundschau" am 30.11. auch aus Frankfurt:  Impfnachweise in Restaurants - „Corona-Kontrollen? Lächerlich“

Eine Pandemie - weitgehend hausgemacht.

Das ist die perfekte Welle

"Wahrscheinlich wird am Ende dieses Winters so ziemlich jeder in Deutschland geimpft, genesen oder gestorben sein". So Jens Spahn, noch amtierender Gesundheitsminister am 22. November. Hinzuzufügen wäre: "Oder auf der Intensivstation liegen."

Corona-Medikamentenbox

Eine unangenehme Wahrheit: Jeder Mensch in Deutschland wird früher oder später mit dem Corona-Virus in Kontakt kommen.  Wenn die Pandemie vorbei ist, wird der Virus zu unserem Alltag gehören und im Herbst nächsten Jahres vielleicht k(l)eine Schlagzeilen machen. Und jedes Jahr wird es einige Tausend Tode geben, die vom Virus dahingerafft werden. Wir kennen das von der Grippe, die allerdings viel leichtere Auswirkungen bei einer Infektion hat. Wir können nur hoffen, dass die Impfstoffe zur Verminderung des Ansteckungsrisikos weiterhin wirken und vor allem, dass Wirkstoffe gegen die Folgen eines Covid-Ausbruchs entwickelt werden. 
Wie gesagt: Der/das Virus ist da und bleibt.

In der Familie und drumherum gibt es weiterhin weder bestätigte Corona-Infizierte noch gar an Covid19-Erkrankte. An die Einschränkungen im öffentlichen Leben haben wir uns weitgehend gewöhnt. Uns Alten fällt das leichter als den Jungen, denke ich. 
In diesem  Sinne:  Bleibt gesund und munter und erhaltet euch euren Lebensmut!

Donnerstag, 25. November 2021

Mein Dorf ist mehr als Berlin

 
Juli Zeh: Über Menschen. Roman. Luchterhand, München 2021, 416 Seiten, 22 Euro.

Vielen Kritikern (siehe die Zitate beim Perlentaucher) gefiel das klischeehafte, “menschelnde” in dem Roman nicht, und ich kann dem in gewisser Weise folgen. Ist das wirklich eine Zeitdiagnose oder ein Märchen, habe ich mich beim Lesen öfters gefragt.
 
Noch weiter geht Julia Encke in ihrer Besprechung, wenn sie von der ”Verdorfung” der jüngsten deutschen Literatur spricht und am Beispiel von Juli Zeh kritisiert:
„Über Menschen“ ist voller eigentümlicher, für die neu Dazugezogene geradezu exotischer Menschen, die ihr Herz aber natürlich alle am rechten Fleck haben. Denn das gehört zur DNA der neuen deutschen Dorfliteratur: die Knorrigkeit der Dorfeinwohner, die gern beim Vornamen genannt und in ihrer Eigentümlichkeit detailliert beschrieben werden wie besonders interessante Zirkuspferde." 
Seltsamerweise (oder vielleicht doch eher “typisch”?) wird aber die von Juli Zeh thematisierte Überheblichkeit des städtischen Akademikerproletariats in der Berliner Kreuzberg- Idylle gegenüber dem Leben in der Provinz bei vielen Rezensenten stillschweigend übergangen. Im Roman erkennt die Stadtmenschin Dora, eine gut im Berliner Milieu vernetzte Werbetexterin (nicht “Senior Copywriter”, wie sie betont) in einer angesagten Berliner Agentur und verbandelt mit einem aktivistischen Zukunftspessimisten, der die Welt spätestens seit der Corona-Pandemie auf den Untergang zusteuern sieht, dass die Menschen auf dem Land nur anders gestört sind als die in der Stadt, und dass es Probleme auf dem Land gibt, die sich ein bornierter Hauptstädter nicht mal albträumend vorzustellen wagt: 
Kaum zu glauben, dass sich ein stinkreiches Land Regionen leistet, in denen es nichts gibt. Keine Ärzte, keine Apotheken, keine Sportvereine, keine Busse, keine Kneipen, keine Kindergärten oder Schulen. Keinen Gemüseladen, keinen Bäcker, keinen Fleischer. Regionen, in denen Rentner nicht von der Rente leben können und junge Frauen Tag und Nacht arbeiten müssen, um ihre Kinder zu versorgen. In solchen Gegenden stellt man dann noch eine Menge Windräder ab, verbietet den Pendlern den Diesel, versteigert die Felder der Bauern meistbietend an Investoren, will Menschen, die sich kein Erdgas leisten können, die Holzöfen wegnehmen und denkt lautstark darüber nach, auch noch Grill und Lagerfeuer zu untersagen, an denen die letzten Reste von Freizeitgestaltung stattfinden. Ansonsten erwartet man, dass alle klaglos funktionieren. Wer aufbegehrt, wird verunglimpft, als dummer Bauer, als Irgendwas-Leugner oder gleich als Demokratiefeind.
Irgendwie, denkt Dora, hat Deutschland die AfD beim Universum bestellt und bekommen. (218)
Sind da am Horizont schon amerikanische oder französische Verhältnisse zu erkennen? Eine gesellschaftliche und politische Spaltung wie in Frankreich zwischen Paris und der Provinz oder in den USA zwischen Ostküste und “Fly-over-Staaten”? Die Antwort bleibt (noch) offen.

Landleben ist schön, macht aber viel Arbeit, lautet auf jeden Fall die Erkenntnis für die Städterin und die Leser.
Der “Roman einer Konversion” ist gut erzählt, manchmal spannend, stellt einige Gewissheiten in Frage und auch deshalb lesenswert. 

Spoiler:
 Der Dorfnazi überlebt den Roman nicht. Das hat natürlich den Vorteil für die Autorin, dass sie nicht weiter ausführen muss, wie es denn mit Dora und ihm weitergegangen wäre. ;-)


Rezensionen

Sammelrezension beim Perlentaucher: Klick

Deutschlandfunk Kultur
Der erste echte Corona-Roman. Von Jörg Magenau

Katja Weise: "Über Menschen" von Juli Zeh: Wankende Weltbilder
 
Die Verdorfung der Literatur
Von Julia Encke

 

Samstag, 13. November 2021

Eine Frau wird alt

Ein Buch über das physische und soziale Altern und das Sterben
Und ihm schien, dass sie niemals leichtfertig abgetan werden durfte, die Einsamkeit am Grund eines jeden Lebens, und dass die Entscheidungen, die die Menschen trafen, um dieser klaffenden Schwärze zu entgehen, Entscheidungen waren, denen Respekt gebührte; das galt für Jim und Helen, und für Margaret und ihn ganz genauso.

Elitabeth Strout hat ein Buch geschrieben, das von den Mühen und Plagen des Alters, von Einsamkeit, Liebe und Lust und vom sozialen und physischen Tod erzählt. Wer diese Themen lieber meidet, sollte das Buch nicht lesen. 
Es ist eine Fortsetzung des Romans “Mit Blick aufs Meer“ (deutsch: 2010), der unter dem englischen Buchtitel “Olive Kitteridge” mit der immer beeindruckenden  Frances McDormand als Miniserie für HBO verfilmt wurde und auch in Deutschland vom 3. bis zum 24. Februar 2015 auf Sky Atlantic HD zu sehen war. (Und auf DVD erhältlich ist!)

Olive ist eine übergewichtige, hemdsärmelige, pensionierte Mathematiklehrerin, die der Schreck fast aller Schüler war. Sie panzert sich mit Distanz und Abwehr, steckt voller Vorurteile über die Unzulänglichkeiten ihrer Mitmenschen, ist aber dennoch hier und da bereit einen Schritt zurückzutreten und ihre Meinung zu ändern. Meistens fällt dieser Nervensäge das sehr schwer.
Zu Beginn der Episoden ist sie vierundsiebzig Jahre alt und lebt mit ihrem zweiten Mann zusammen, zum Schluß ist sie dreiundachtzig und einsame, doppelte Witwe. Manchmal lernen wir Sie aus der Perspektive ihrer Mitmenschen kennen, dann wiederum werden wir in ihre Gedankenwelt eingeführt, fühlen mit und sind irritiert über ihr Verhalten. Über allen Geschichten schwebt aber der Geist Olives wie eine ordnende Macht. 

Die Geschichten, die Elizabeth Strout um diese schrullige Frau erzählt, sind immer erfahrungsgesättigt und bewegend, aber auch distanziert und analytisch. So wie schon in dem Vorgänger “Mit Blick aufs Meer”. Und so lieben wir es.

Eine Abschweifung


Elizabeth Strouts Kitteridge-Romane handeln auch von Maine, von der Schönheit des Landes und der Schrulligkeit ihrer Bewohner.
Ich kenne Maine nicht, aber der amerikanische Schriftsteller Richard Ford kennt Maine ziemlich gut und hat in einer seiner Geschichten* aus “Irische Passagiere” über die Bewohner geschrieben:
Mae war nie begeistert von den Menschen in Maine. “Kein Strom, kein fließend Wasser, scheiß in ein Loch und fick deine Schwester, so mögen die das”, hatte Mae gesagt. [...] 
Zuerst das Tor zum Mädchencamp, dann die Müllkippe, das Dollar-General-Kaufhaus, die Ladenzeile mit den pleitebedrohten Einzel- und Großhandelsfirmen, Autoschrottplätze, Mokassin-Outlets, dazu das gleichförmige Siedlungsschema von Maine - aufgebockte Bootswracks, Haufen aus Fallen und Bojen, Holzspaltmaschinen und Nissenhütten aus Zeltplane - und wirklich jeder mit einem aufgebockten Truck, einer zerborstenen Pflugschar, einem Geländemotorrad und einem Hund. Wenn das Meer außer Sicht war, entsprach Maine Michigan, nur ohne Humor. Und nach dem Kolumbus-Tag nahmen es die Mainer wieder komplett in Besitz. In den Läden ging das Licht aus, Restaurants wurden verrammelt und verriegelt, die Ortsansässigen ignorierten einen, wenn man in den Graben fuhr, und Ferienhäuser, die nicht einbruchsicher waren, wurden zu Meth-Labs umfunktioniert oder abgefackelt oder beides. Der Sheriff nahm sich frei.” [...] “Man kostete seinen Groll aus. Jeder war bewaffnet.” (141f)
Das hilft vielleicht, Olive Kitteridge noch besser zu verstehen, oder?

*Richard Ford, Irische Passagiere. hier: Der Lauf deines Lebens 

Rezensionen

Elizabeth Strout: „Die langen Abende“. Eine schrullige Heldin wird altersweise
Von Michael Watzka Deutschlandfunk 
 

Sonntag, 7. November 2021

Der Winter der Literatur



   Die Totengräber. Der letzte Winter der Weimarer Republik war der Titel des 2018 erschienenen Buches von Rüdiger Barth und  Hauke Friederichs, das hier besprochen habe. Im Anschluss daran habe ich eine Neuerscheinung gelesen, die schon im Titel Ähnlichkeiten und Differenzen zum Vorgänger aufweist: Uwe Wittstock: Februar 33. Der Winter der Literatur.

   Nur wenige Tage überschneiden sich die beiden Chronologien, aber die Themen und handelnden Figuren sind andere. Standen im Buch von Barth/Friedrichs noch die hohe Politik und einige Randfiguren im Mittelpunkt des Interesses, so sind es jetzt Schriftsteller wie Berthold Brecht, Carl Zuckmayer, Oskar Maria Graf, Ernst Toller, Heinrich und Thomas Mann und Schriftstellerinnen wie Else Lasker-Schüler, Erika Mann, Mascha Kaléko und Ricarda Huch, an deren Schicksal in den Tagen von Ende Januar bis 15. März 1933 wir Anteil nehmen können. 

   Die “Machtergreifung” der Nazis am 30.Januar wird schnell organisatorisch umgesetzt und abgesichert. An wichtige Schalthebel der Macht, Innenministerien, Polizeibehörden in Preußen und im Reich sitzen jetzt bekannte Nazis, die sofort gegen politische Gegner vorgehen, gedeckt durch die sogenannte Reichstagsbrandverordnung, die willkürliche Wohnungsdurchsuchungen und Verhaftungen ermöglichte. Knapp einen Monat nach der Machtergreifung werden linke Schriftsteller wie Erich Mühsam, Carl von Ossietzky, Egon Erwin Kisch, Ernst Toller und viele andere verhaftet und im Polizeipräsidium eingelocht. 

   Wir werden konfrontiert mit ihren Ängsten und Hoffnungen, verzweifelten Versuchen zu retten, was nicht mehr zu retten war. Nur wenige sahen trotz allem hoffnungsvoll in die Zukunft, so zum Beispiel Heinrich Simon, Chefredakteur der Frankfurter Zeitung, der am 1. März noch der Überzeugung war, ”dass die Nazis keine Chance haben, jemals in Süddeutschland, in Württemberg, Baden und Bayern Fuß zu fassen. Die ‹Mainlinie wird halten›, sagt er, da ist er sicher” (S.213). Viel sind zu diesem Zeitpunkt schon auf der Flucht oder treffen Vorbereitungen dafür, weil man nach ihnen sucht, weil ihre Wohnungen zerstört wurden oder weil man einfach dem Terror entfliehen wollte.

   Die Eintragungen enden für jeden Tag mit Schlagzeilen zu politischen Anschlägen und Schießereien im gesamten Reichsgebiet und es wird dem Leser drastisch vor Augen geführt, in welch verzweifelter Situation sich Gegner der Nazis bereits wenige Tage nach dem 30. Januar befanden und wie sehr die Situation eskalierte. Aber nicht nur Nazis griffen zu den Waffen, auf der Linken war man ebenfalls bereit, mit Waffengewalt den politischen Gegner zu bekämpfen.
Ab und zu finden sich auch  Hinweise auf die Grippewelle in jenen Tagen, die sicher nicht zufällig im Jahr der Corona-Pandemie ihren Weg in das Buch gefunden haben.

   Immer wieder finden sich Einträge zur Situation in meiner zweiten Heimatstadt Darmstadt, wo am Landestheater der berühmte Intendant Gustav Hartung arbeitet, der - letztlich erfolglos - versucht, dem Terror der Nazis (und dem Druck des Stadtrats) Widerstand entgegen zu setzen, und der am 1. März, also noch vor den letzten Reichstagswahlen, schreibt: “die Atmosphäre in der Stadt ist derart aufgeheizt, dass keine ruhige Probenarbeit mehr möglich ist”. Umstrittene Stücke mussten bereits abgesetzt werden. (Mehr zu Gustav Hartungs Rolle in Darmstadt findet man im Darmstädter Stadtlexikon.)
   
Für jemanden wie mich, der die Gnade der späten Geburt genießen kann, sind die Berichte aus den letzten Tagen der Weimarer Republik ergreifend, bedrückend und mahnend zugleich.

Uwe Wittstock, Februar 33. Der Winter der Literatur
C.H. Beck Verlag, München 2021 ISBN 9783406776939
Gebunden, 288 Seiten, 24,00 EUR

Rezensionen

Rezensionsübersicht beim Perlentaucher

Deutschlandfunk Kultur Podcast:
Chronik einer angekündigten Katastrophe
Moderation: Andrea Gerk


Sonntag, 31. Oktober 2021

Corona-Bericht Oktober: Auf ein Neues?

Schaut man sich die Entwicklung der Inzidenzen an, kann man schon unruhig werden. Die Tendenz geht nach oben und vermutlich: sogar exponentiell. Was wird der November bringen? Alle Einschränkungen fallen schrittweise, nur der Virus richtet sich nicht danach. Unruhige Zeiten.


Die Nachricht des Monats: 



Immer wieder Diskussionsstoff bietet die Frage: Wie sinnvoll sind Luftreiniger in Schulen? Eltern und Elternverbände fordern den Einsatz solcher Geräte, die Kommunen wehren sich, da sie die hohen Kosten für Unterhalt und Wartung fürchten. Sie präferieren Lüften statt Luftreiniger. Das Umweltbundesamt wiederum proklamiert: 
Mobile Luftreiniger - nur als Ergänzung zum Lüften sinnvoll.

Die SZ hat in einem größeren Beitrag darauf hingewiesen, dass die wissenschaftliche Expertise für die Notwendigkeit von Luftreinigern eine seltsame Schlagseite aufweist. 
700 Millionen Euro wurden für mobile Luftreiniger in Schulen bereitgestellt – begleitet von massivem öffentlichen Druck. Ihr größter Verfechter ist ein Physiker, der für etwa zehn Hersteller arbeitet. Ein Problem sieht er darin nicht. 
Von Markus Grill, Leonard Scharfenberg und Berit Uhlmann
(Leider hinter einer Bezahlschranke!)

Mehr zufällig als gezielt bin ich auf eine Doku beim Tagesspiegel vom Januar 2020 gestoßen, die die erste Welle der Pandemie dokumentiert. Es wird klar: Ausgangspunkt war Wuhan, von dort aus startete die Pandemie. Alle späteren, angeblichen Funde des Virus bei PCR-Tests europäischer oder us-amerikanischer Probanden können an dieser Tatsache nicht vorbeigehen.  Die Pandemie ging von China aus. Von Wuhan.


Für Sabine und mich gilt: Im Westen nichts Neues. Wir sind bis jetzt gut und unbeschadet durch die Pandemie gekommen.

 Auch der Urlaub in Frankreich und der Ausflug in die Südwestecke Deutschlands  waren unproblematisch und folgenlos. Mitte Oktober wurde ich gegen Grippe geimpft und Ende November bekomme ich eine Booster-Impfung.

Was den Urlaub in Frankreich/Burgund angeht habe ich eine zweite Folge auf meinem Blog gepostet. Bei Interesse hier zu lesen: Wandern in modernen Zeiten

Ansonsten: Kommt gut durch die Zeit!

Freitag, 22. Oktober 2021

Ein Jahrhundertwinter


Deutschland vor 75 Jahren, das ist auch die Geschichte meiner Mutter, aber eine ganz andere Geschichte. Während meine Mutter als junge Küchenhilfe in französischen Hotels in Baden-Baden arbeitete und die Familie in Rastatt damit ernähren konnte, schlitterte das Land in seine schlimmste Hungerkrise im 20. Jahrhundert.

Das Buch schildert die Auswirkungen des “längsten Winters im 20. Jahrhundert” und seine furchtbaren Auswirkungen auf das geschlagene Deutschland mit seinen obdachlosen, hungernden und frierenden Bewohnern.
Viele Quellen werden zitiert und viel Interviews mit Zeitzeugen, damals noch Kinder, bringen uns die Jahre 1946/47 nahe. Auch Jahre nach den Erlebnissen des Hungerwinters erschüttern heute noch die Berichte aus dem Elend.

Im Frühjahr 1946 und noch einmal Anfang 1947 besuchte Herbert C. Hoover,  amerikanischer Präsident von 1929-1933, Deutschland und beschrieb die Verhältnisse, die er zu Gesicht bekam mit folgenden Worten:
»Die große Masse des deutschen Volkes ist, was Ernährung, Heizung und Wohnung anlangt, auf den niedrigsten Stand gekommen, den man seit hundert Jahren in der westlichen Zivilisation kennt.« (S.163)*
Das Buch überzeugt nicht nur durch die vielen Tagebuchauszüge und Augenzeugenberichte. Die historische Einordnung und Bezüge zur Besatzungspolitik und den ökonomischen Bedingungen der Nachkriegszeit (Bizone, Trizone) sind ebenfalls Thema. So werden Missverständnisse zwischen der deutschen Verwaltung und der Besatzungsmacht zitiert, die man kurios nennen könnte, wenn sie nicht so tragisch in ihren Auswirkungen gewesen wären:
Vielerorts wurde statt Weizen und Roggen Mais geliefert. In Kiel etwa mussten die Bäcker im Januar 1947 dem Brotteig zunächst 50 Prozent, dann 80 Prozent Mais beimischen. Der am Lübecker Krankenhaus tätige Assistenzarzt Harald Walter hatte eine einfache Erklärung dafür: »Ursache für das Maisbrot war ein Übersetzungsfehler unserer gebildeten Politiker. Sie hatten bei den Amis Korn bestellen wollen und hatten tatsächlich ›corn‹ bestellt. ›Corn‹ aber bedeutete im amerikanischen Sprachgebrauch ›Mais‹.Für Getreide gab es die Bezeichnung ›grain‹. Das Maisbrot verursachte Verdauungsbeschwerden, weil es auch nicht unserem Geschmack entsprach. Gefährliche Stoffwechselkrankheiten, besonders bei Kindern, waren die Folge.« (S.155f)
Das Buch führt in eine Zeit zurück, die unsere Eltern noch erlebt haben - und die nie mehr wiederkehren soll.

Alexander Häusser / Gordian Maugg, Hungerwinter. Deutschlands humanitäre Katastrophe 1946/47, Sonderausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, unveränderte Neuausgabe 2021, Bestellnummer: 10715.

*Zu Hoover heißt es auf Wikipedia:
“In seinem im März 1947 veröffentlichten Bericht zu Nachkriegsdeutschland empfahl Hoover dem Präsidenten die Demontage der Industrieanlagen zu beenden und konstatierte, dass die militärische Schwächung Deutschlands erreicht werden könne, ohne die Versorgung seiner Bevölkerung zu behindern. Der Report Hoovers wurde kontrovers diskutiert und fand insbesondere bei John R. Steelman, dem Stabschef des Weißen Hauses, positive Resonanz. 1947 ernannte ihn der republikanisch kontrollierte 80. Kongress zum Vorsitzenden der Commission on Organization of the Executive Branch of the Government, der sogenannten Hoover Commission, die Maßnahmen vorschlug, um bürokratische und administrative Hürden zu senken und die exekutive Gewalt zu stärken. Hoover setzte sich für die Einführung der Schulspeisung, die sogenannte Hoover-Speisung, in der Bizone ein. Diese kam über sechs Millionen Deutschen zugute, die so eine warme Mahlzeit am Tag erhielten.”

Ergänzungen

Das Buch ist für 4,50€ bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich:
https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/35765/hungerwinter

Das Buch war auch Grundlage für eine Fernseh-Doku (2009): Hungerwinter – Überleben nach dem Krieg (Fernsehfilm; nicht in der Mediathek)



Die letzte Woche des Dritten Reiches

Detailliert werden vom Autor die letzten Tage des Dritten Reiches behandelt: Vom 30. April 1945 bis zum 8. Mai, d.h. vom letzten Lebenstag Adolf Hitlers bis zum Tag der endgültigen Kapitulation der Wehrmacht. Tag für Tag wird von den unterschiedlichen Schauplätzen berichtet. Aus militärischen Befehlszentren, Berliner Wohnungen und Kellern, aus Ruinen und aus Villen. Aber auch von Todesmärschen erschöpfter KZ-Häftlinge ins noch nicht besetzte Süddeutschland können wir lesen. Verknüpft werden die Berichte mit biographischen Daten und historischen Bezügen, allerdings nur kompiliert und aus Sekundärquellen.  Das erinnert an Kershaws umfassende Studie “Das Ende. Kampf bis in den Untergang - NS-Deutschland 1944/45”, der aber Primärquellen benutzt und damit analytischer ist.

Damit bietet das Buch eigentlich nichts Neues, aber das Bekannte wird anschaulich und umfassend dargestellt, mit Betonung des Alltags, aber auch der politischen Umstände, der Ränke und Ranküne des Herrschaftspersonals, und immer wieder mit Bezügen zu den Jahren der NS-Herrschaft zuvor. Man hat manchmal den Eindruck, dass das aktuelle Datum lediglich Aufhänger ist für ausführliche Erläuterungen bis hin zu Abschweifungen zur Geschichte des Dritten Reiches. Das ist sicher sinnvoll und nützlich für einen uninformierten Leser, andere mag das manchmal nerven.

Dennoch ist mein Urteil insgesamt positiv, denn vieles wird in Erinnerung gerufen, dass nicht so bekannt war oder vielleicht in Vergessenheit geriet. So zum Beispiel die grausamen Behandlung geflüchteter KZ-Häftlinge, wenige Tage vor dem totalen Ende.

Nicht selten beteiligten sich gewöhnliche Deutsche am Morden. Ein besonders erschütternder Fall ereignete sich Anfang April 1945 in Celle. Hier war es Hunderten von Häftlingen aus einem Nebenlager von Neuengamme gelungen, während eines Bombenangriffs auf den Bahnhof der Stadt aus dem Zug zu flüchten und sich in einem nahegelegenen Wald zu verstecken. In der folgenden Nacht machten sich die Aufseher des Begleit kommandos, SA-Männer, Soldaten aus einer Kaserne, örtliche Polizisten,. Volkssturmmänner und auch Gruppen von Zivilisten, unter ihnen vier zehn- bis sechzehnjährige Hitlerjungen, auf Jagd nach den Entflohenen. Mindestens 170 Häftlinge wurden getötet. (S.181f)

Dazu Wikipedia: Klick  

Den Schluss, den der Autor aus diesem und ähnlichen Ereignissen zieht, ist für mich zwingend: 

Die Massaker von Celle und Gardelegen zeigen: Der Mord an den KZ-Häftlingen in der Phase der Todesmärsche war nicht «von oben» angeordnet und zentral gesteuert, vielmehr entwickelte er sich in einem unkoordinierten, dynamischen Prozess «von unten», wobei sich SS-Aufseher, örtliche Parteifunktionäre, Angehörige von Polizei, Volkssturm und Hitlerjugend, aber auch ganz gewöhnliche Zivilisten zu kriminellen Gemeinschaften zusammenfanden - ein schlagender Beleg dafür, in welchem Ausmaß der Virus entfesselter Gewalt von Teilen der deutschen Gesellschaft Besitz ergriffen hatte. (S.182)

Ich stimme dem Autor auch voll zu, wenn er in seinem Resümee  schreibt:

Man muss sich das Ausmaß der Verheerungen, der materiellen wie moralischen, vor Augen halten, um zu begreifen, wie unwahrscheinlich dies am 8. Mai 1945 erscheinen musste und welche Errungenschaft es bedeutet, heute in einem stabilen, freiheitlichen und friedlichen Land leben zu können. Vielleicht ist es an der Zeit, daran zu erinnern.

Erinnern. Ja, das ist die bleibende Aufgabe.

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches
C.H. Beck Verlag, München 2020, Gebunden, 317 Seiten.
Nachdruck der Paperbackausgabe als Sonderausgabe der Landeszentrale für politische Bildung Hessen, 2021

Rezensionen

Rezensionsübersicht beim perlentaucher

Eine Rezension aus wissenschaftlicher Sicht:
Sabine Kittel,  Rezension zu Ullrich, Volker: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches. München  2020. ISBN 978-3-406-74985-8, 
In: H-Soz-Kult, 10.12.2020

Ian Kershaw
Das Ende. Kampf bis in den Untergang - NS-Deutschland 1944/45
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2011, 702 Seiten, 

Dienstag, 19. Oktober 2021

Die Totengräber der Weimarer Republik


Im Waschzettel heißt es
Auf Basis von zahlreichen Tagebüchern, Briefen, Dokumenten und Zeitungsartikeln machen Rüdiger Barth und Hauke Friedrichs das skrupellose ringen um die Macht hautnah nachvollziehbar. Packend wie in einem politischen Thriller beschreiben sie Tag für Tag den Untergang der ersten deutschen Demokratie.

Und das trifft in der Tat den Kern des Buches. Es ist spannend geschrieben, man erlebt die Tage vom 17. November 1932 bis zum 30. Januar 1933 hautnah und atemlos mit.  Aus unterschiedlichen Perspektiven wird das Ränkespiel zwischen Franz von Papen, Kurt von Schleicher, Paul von Hindenburg und schließlich Adolf Hitler und Ernst Röhm stimmungsvoll dargestellt. Die Szenen wechseln sich ab, von der großen Politik bis hinab zum Partygeplauder. Banales folgt auf Erhellendes und umgekehrt. 

Ein Buch wie eine Folge von ZDF-History. Schnelle Schnitte, spotlightartige Szenen, atemloses Tempo und bedeutungsschwangere Anmerkungen bis hin zu sprachlichen Manierismen: “Die letzten Meter gehen sie zu Fuß. Auf Oskar von Hindenburg und Otto Meissner wartet man bereits in der Villa der Ribbentrops. Papen. Göring. Hitler.”
Das Buch, das die Sehgewohnheiten des geschichtsorientierten TV-Zuschauers vermutlich adäquat umsetzt. 

Trägt es zum Verständnis der damaligen Ereignisse bei? Ja, das muss ich konzedieren, wenn es um Stimmen und Stimmungen der damaligen Zeit geht. Farbig ist das Ganze, aber viel Farbe ersetzt noch keine Analyse.

Rüdiger Barth, Hauke Friederichs: Die Totengräber. Der letzte Winter der Weimarer Republik
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018 ISBN 9783103973259
Gebunden, 416 Seiten, 24,00 EUR


Rezensionsübersicht beim Perlentaucher: Klick


Dienstag, 12. Oktober 2021

Liou Uie-Liang: Mein Onkel aus Taiwan

Uie-Liang Liou (劉威良)  MEIN ONKEL AUS TAIWAN
Europa Edizioni srl, 2021   Preis: € 12,90

Die Autorin, geboren in Taiwan und indigener Abstammung lebt seit 1991 in Deutschland und ist hier verheiratet.
Sie hat ein interessantes und spannendes Buch geschrieben zur Geschichte Taiwans nach der Machtübernahme durch die Kuomintang und dem darauf folgenden Weißen Terror unter der Herrschaft Chiang Kai-sheks, dargestellt anhand der Geschichte ihres Onkels. 

1971 wird der Onkel mit dem Vorwurf des versuchten Attentats verhaftet und zehn Monate im Untersuchungsgefängnis gefoltert und zu 15 Jahren Haft verurteilt, aber nach fünf Jahren und acht Monaten wird sein Urteil auf diese Zeit gemindert, wohl weil Amnesty International eine Liste mit politischen Gefangenen in Taiwan, dem Verbündeten der USA, veröffentlichte, auf der auch sein Name stand.
In der Familie in Taiwan wird diese Geschichte aber verschwiegen. Erst in Deutschland lernt sie die wirkliche politische Geschichte ihres Onkels und vor allem die ihres Landes kennen (S.111ff). In Taiwan dagegen:
Über Taiwan lernen wir fast gar nichts. Wir leben in Taiwan, aber wir kennen die Flüsse unseres Landes nicht. Wir wissen nicht, wie unsere Berge heißen. In unserer Verfassung der Republik China steht über das Territorium Taiwan nichts drin. Denn 1946, als die Verfassung niedergeschrieben wird, gehört Taiwan gar nicht zu China. Taiwan wird in dieser Zeit von Japan aufgegeben und von einer Allianz übergangsweise besetzt. Wir wissen, dass wir ein eigenes Land haben. Aber ehrlich gesagt wissen wir immer noch nicht, welche gesetzliche Position Taiwan in der internationalen Politik hat und wie die aktuelle Lage für Taiwan ist. Wir diskutieren ständig und heftig, keiner weiß es genau. S.99

Und zu meiner Überraschung muss ich lesen: Die Vergangenheit Taiwans ist noch nicht aufgearbeitet, sie ist noch nicht einmal vergangen. Die Autorin zeigt am Beispiel der Geschichte ihres Onkels, dass die alten Kräfte und die neuen aus der Volksrepublik sehr gut zusammenarbeiten, um ehemalige Regimegegner weiterhin unter Druck zu setzen.

Nicht zuletzt ist dies auch ein Buch zu dem Problem, ob man als in Taiwan geborene Frau eine Chinesin ist, Taiwanerin, oder was? Und ein Buch, dem ein kompetenteres Lektorat gut getan hätte. 

Im Anhang findet man beeindruckende Abbildungen von Malereien des Onkels der Autorin. (Siehe auch das Titelbild des Buches.)

Inhaltsangabe/Infos: 

https://intaiwan.net/wp-content/uploads/2021/09/Pressemitteilung-Uie-Liang-Liou.pdf 

Weitere Quellen

Europa Edizioni srl www.europabuch.com 

Meine Rezension bei Amazon: Klick

Vertiefend:

Der Weiße Terror in Taiwan – Schlüsselbegriffe und Erfahrungsberichte
Thilo Diefenbach (Einleitung und Übersetzung); PDF
 

 


Montag, 11. Oktober 2021

Corona-Bericht September 2021: Entwarnung?


Die Kurven oben zeigen deutlich: Von einer weiteren Welle kann man vorerst nicht reden, allenfalls von einem Well-chen. Das ist sicher auch ein Resultat der Impfung. Der zeitweilige Anstieg der Inzidenzen war unmittelbar eine Folge der zu Ende gegangenen Sommerferien der Schulen. Sehr schön kann man das sehen an den leichten Anstiegen der Zahlen in Hessen (Schulbeginn 27.8.) und Baden-Württemberg (11.9.). Aber die Zahlen fielen danach auch langsam und kontinuierlich wieder. So weit so gut.

Quelle: Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard 18.10.2021

Die Pandemie hat Opfer hinterlassen. Auch unter den Jüngeren. Ich meine jetzt nicht die physischen Opfer sondern die wirklich schlimmen, die eingebildeten. In der FAZ gab es dazu in der "Sonntagszeitung" (die jetzt samstags erscheint) den Artikel: "Die Vergessenen der Pandemie". Damit waren Studenten gemeint. Kein Zweifel, die Studenten (und die Studentinnen natürlich auch) waren nicht zu beneiden. Wer vor drei Semestern anfing zu studieren hat bis heute vielleicht noch kein Seminar kennen gelernt, keine Arbeitsgruppen mitgemacht, keine Studienkollegen kennen lernen können. Aber es geht natürlich noch schlimmer:

Das kann man verstehen. erst 22 und dann wie ein 40-Jähriger behandelt werden. "Das ist die totale Überforderung". Das ist nicht die Generation X, Y Z sondern die Generation Heulsuse.


Durch Zufall bin ich in der ARD Mediathek auf eine sehenswerte Dokumentation gestoßen:


Sie zeigt die Entwicklung der weltweiten Pandemie bis Ende Juni 2021 und bringt nochmals die Bilder in Erinnerung aus den ersten Monaten (Wuhan, Bergamo). 





Montag, 4. Oktober 2021

Eine Frau geht fremd

Im Waschzettel wird gefragt:
"Was wäre, wenn man allem Vertrauten den Rücken zukehrte, einfach so? Und sich auf das Unerhörte einließe?"

   Für die Protagonistin ist das Unerhörte ein alter, grauer Mann mit Bart, schwerhörig und gehbehindert, aber mit starken Proletenhänden und seltsamen sexuellen Bedürfnissen. Ein Mann, "der die Mitte ausließ" und dafür die Ränder bewohnte.

   Spricht sie mit und von dem Mann mit den Arbeiterhänden werden ihre Sätze kurz, stakkatoartig, emotionslos, distanziert. Spricht sie von ihrer Familie, den Freunden, der Vergangenheit werden ihre Sätze lang, beschreibend, mitfühlend.

   Ist das eine Groteske, eine Satire auf die Yellow Press, die Geschichte einer amour fou, eine Sozialreportage oder einfach nur eine Sado-Maso-Nummer? Oskamp spielt mit den Lesererwartungen und man weiß nie, ist das Kitsch oder Kunst. Ich lese dann doch lieber die Geschichten einer Fußpflegerin in Marzahn.

Katja Oskamp: Hellersdorfer Perle
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010 ISBN 9783821861104
Gebunden, 218 Seiten, 18,95 EUR

Rezensionen

Rezenionsübersicht beim Perlentaucher:

Von Ulrich Rüdenauer
In der "Hellersdorfer Perle" blickt Katja Oskamp in die Abgründe, die ein bürgerliches Leben in der Kleinfamlie nicht bieten kann.

Donnerstag, 16. September 2021

Armut und Kampf - Geschichten von den Rändern der Gesellschaft

Maria Barankow (Hg.), Christian Baron (Hg.) Klasse und Kampf. Claassen Verlag, Berlin 2021. ISBN 9783546100250
Gebunden, 224 Seiten, 20,00 EUR

Vierzehn sehr unterschiedliche Beiträge versammelt der Band aber die wenigsten problematisieren tatsächlich “Klasse und Kampf”. Viele davon sind eher deskriptiv und reportagehaft und erinnern an das, was ich in den 70er Jahren unter dem Titel “Literatur der Arbeitswelt”  kannte und die es zu einer eigenen Reihe beim Fischer Taschenbuchverlag brachte. 

Andere Autoren wiederum spielen lustvoll mit dem Genre oder den Erwartungen der Leser oder verweigern sich ganz.

   Die meisten aber illustrieren das, was man allgemein als “Unterschicht” bezeichnen würde, was die Sache aber tatsächlich nicht trifft. Denn man muss nach der Lektüre feststellen, dass die Autoren, deren Familien und die Milieus, denen sie entstammen, wenig gemeinsam haben. Solidarität gibt es vor allem zur eigenen Familie. Selbst unten gibt es Abgrenzungen zwischen denen, die ganz unten sind und solchen, die zwar materiell prekär leben, aber nicht kulturell, die über “kulturelles Kapital” verfügen, aber denen es an Geld mangelt. “Wir waren reich an Bildung und arm an Einkommen”, bringt es Francis Seeck auf den Begriff und Ähnliches berichtet auch Sharon Dodua Otoo. Pinar Karabulut betont, “ich fühlte mich nicht zweitklassig” und ergänzt: “Meine Privilegien liegen nicht in einer kapitalistischen Ordnung. Meine Privilegien liegen darin, dass ich die große Chance hatte, für meine eigene Freiheit zu kämpfen.” 

   Zwischen diesen Autorinnen bestehen mehr Gemeinsamkeiten, als beispielsweise zwischen ihnen und Christian Baron oder Arno Frank. Mit Recht schreibt daher Sharon Dodua Otoo “Klasse verstellt den Blick auf mich. [...] Ich wurde als migrantische, erwerbslose alleinerziehende Mutter mit Kindern von unterschiedlichen Vätern stigmatisiert.”
Marlen Hobrack von der TAZ fällt auf: “Nicht nur in den Texten, auch in der Auswahl der Au­to­r*in­nen ist eine seltsame Rollenverteilung zu verspüren – die Frauen sind identitätspolitisch (da haben wir’s wieder!) mehrfach verortet, sind Person of color, queer, alleinerziehend, ost- oder westdeutsch, mit Migrationshintergrund; die Männer sind – Männer.”

   Nicht alle Beiträge beschränken sich auf die autobiographische Nacherzählung von Armut und Ausschließung. Anke Stelling treibt ein amüsantes Spiel mit den Erwartungen der Leser hinsichtlich des Themas und Bov Bjerg berichtet nebenbei von einer kuriosen Missbrauchsgeschichte in seiner Kindheit.

   Es gibt leider auch Schwächen. Lucy Fríckes Klagelied über den eigenen sozialen Aufstieg wird durch eine absurde Vorstellung vom Leben und Einkommen von Lehrern und Sozialpädagogen entwertet, die angeblich “noch immer derart unterirdisch bezahlt werden, dass sie kaum die Kraft haben können, genau hinzusehen”. Es bleibt auch völlig ungeklärt, wer eigentlich verantwortlich für das beschriebene Elend ist und welche Lösung es geben könnte, außer der Forderung nach Höherbezahlung von Lehrkräften.

   Irritierend fand ich den Beitrag von Kübra Gümüşay (1988) Totenwaschung. Das ist ebenfalls eine Erzählung vom Rand der Gesellschaft, in diesem Fall vom türkischen Rand. Eine vielschichtige Familiengeschichte mit Einführung und Einblick in türkisch-muslimische Ethik und einem Geschwisterkonflikt um Lebensstile unterbreitet uns die Autorin. Dabei ist die Sympathie der Erzählerin für die konservative, gläubige Tradition, die ein Sohn des betrauerten Protagonisten praktiziert, unverkennbar.
(Keine Überraschung, wenn man den öffentlich ausgetragenen Streit um die Autorin kennt.)

   Wirklich geärgert hat mich nur der Beitrag von Martin Becker  "Sonnenbrand". Wenn ein geschätzter Schriftsteller wie Martin Becker, Jahrgang 1982, schreibt: “Ich habe einen Beruf, der mir qua Herkunft nicht zusteht”, dann frage ich mich schon, wie er auf so einen dummen Satz kommt. Gibt es in Deutschland Berufe, die jemand durch Geburt zustehen? Dann dürfte keiner der Autoren und keine der Autorinnen in diesem Buch jemals Schriftsteller geworden sein -  und viele andere auch nicht. Vor allem nervt mich aber die durchgängige Larmoyanz, mit der er sein Schicksal und das seiner Familie als Mittelreihenhausbesitzer mit Opel Rekord oder Ford Escort vor der Tür beklagt, alles nach Erkrankung und Tod der Eltern verloren, so dass ihm nichts blieb, außer der Lust nach Zigaretten, “die meine Dynastie mir als Erbschaft hinterlassen hat”. Herr Becker sollte sich mal mit Christian Baron unterhalten über “Armut und Klasse”.

Insgesamt lernen wir in diesem Sammelband ein weites Spektrum von Armut kennen, das bis in die akademische Schicht reicht. Statt Klasse und Kampf erfahren wir viel über die Vielschichtigkeit von Armut und Kampf in der heutigen Bundesrepublik. Und das ist zweifellos erkenntnisfördernd.

Rezensionen



Sammelband „Klasse und Kampf“: Raus aus der Fischfabrik
Welche Geschichten werden vom „Rand“ der Gesellschaft erzählt? Unter anderem Katja Oskamp, Clemens Meyer und Sharon Dodua Otoo schreiben über ihre prekäre Herkunft. Von Marlen Hobrack

“Klasse und Kampf”. Es gibt kein Entrinnen. Eine Rezension von Johannes Schneider. 


 

Montag, 6. September 2021

Corona-Bericht August 2021: Da geht noch was!

Die Zahlen steigen kontinuierlich an. Nicht gerade exponentiell, aber da geht noch was, wenn in allen Bundesländern die Sommerferien beendet sind, es etwas kühler wird und die Menschen sich deshalb mehr in geschlossenen Räumen aufhalten. Merke; Das Virus liebt die warme Gemeinschaft.

Wir sind Ende August aus dem zweiwöchigen Urlaub in Frankreich/Burgund zurückgekommen. Kontrolle bei Ein- und Ausreise an der Grenze: Null. Lediglich eine SMS der Bundesregierung bei der Einreise in Deutschland:


In Frankreich war das Prozedere mit dem Infektionsschutz durchgängig eingängig: In allen öffentlichen Gebäuden, Museen, Ausstellungen, Cafés und Restaurants, auch im Freien, wird der "Pass Sanitaire" in Form des QR-Codes verlangt. Man zeigt also seine Impfbescheinigung mit dem Code vor oder, wie die meisten, die Corona-App. Der Code wird vom Service mit einem Handy aufgenommen und schwupps ist man registriert. Keine sonstigen Angaben wie Adresse und Haushaltsgröße.

Die Methode "Amazon" ist nicht anwendbar:

Wir hatten den Eindruck, dass die Kontrolle überall ohne Murren akzeptiert wurde. 

Es gab in Frankreich aber auch andere, geschmacklose Reaktionen auf die Pflicht zum "Pass Sanitaire"


Was gab es sonst noch? Das "Darmstädter Echo" hat eine bemerkenswerte Erkenntnis gewonnen:

Die Gründe dafür? Sie sind zu billig!


Und noch eine wichtige Entdeckung wurde gemacht:

(Man beachte den letzten Satz: "Leonardo hatte keine Kinder"!)

Freitag, 3. September 2021

Montag, 2. August 2021

Corona-Bericht Juli 2021: Warten auf die 4. Welle?



Auf niedrigem Niveau steigen die Zahlen wieder nahezu kontinuierlich an. Zwei Entwicklungen überraschen mich: Die im Vergleich höheren Zahlen im Stadtkreis Darmstadt und die sehr niedrigen Zahlen im Neckar-Odenwaldkreis, meinem zweiten Wohnsitz. In der Vergangenheit waren die Zahlen in der Stadt Darmstadt immer deutlich niedriger als im Neckar-Odenwaldkreis. Eine Erklärung habe ich nicht.

Im  europäischen Ausland sieht es teilweise deutlich schlechter aus:


Wir haben dennoch eine Ferienwohnung in Frankreich gebucht: Ab Mitte August wollen wir zwei Wochen im Burgund verbringen: Wandern, historische Städte und Stätten besuchen, baden. Wie in Frankreich üblich mussten wir im Voraus buchen und hoffen nun, dass nichts dazwischen kommt. Vollständig geimpft sind wir beide.

Der Monat stand aber nicht im Zeichen von Corona sondern wurde von den Folgen der Überschwemmungskatstrophe, vor allem im Ahrtal, bestimmt. In Deutschland gab es insgesamt im Juli 2021 mindestens 184 Tote.

Der Klimawandel wird zu häufigeren Überschwemmungen führen. Die Ursachen für die großen Schäden kann man aber anders erklären:


Das gilt in Deutschland wie in den USA, in China, Taiwan und sonst wo auf der Welt.

Montag, 26. Juli 2021

Helga Schubert: Vom Aufstehen


Ein Buch vom Alter. Oder wie es Helga Schubert sagt: “Nicht alt werden, nicht alt geworden sein, sondern alt sein.” (165)

Und alt sein heißt: die Erinnerungen werden mächtiger. Zum Beispiel die Erinnerungen an 

Großmutter, Mutter und an Mutter und Tochter sein

“Meine Mutter wusste als Rotkreuzschwester, dass das Sterben bedeutete. Sie machte sich fertig für ihren Weg zu ihrer Arbeitsstelle und sagte: Wenn sie gestorben ist, rufst du mich bitte an.
   Im Hinausgehen.
   Es war der erste Ferientag.
   Und die Tochter meiner Mutter konnte darum auch den Vormittag bei der sterbenden Großmutter sein. Vom Telefonhäuschen wieder zurück zur Toten musste sie vom Fahrrad absteigen, so zitterte sie.” (146)

“Schweigend standen die beiden Frauen nebeneinander in der Küche beim Brotschneiden. Da sagte meine Mutter nach einem Vierteljahr zu ihrer Tochter, die noch stillte, ganz ruhig:
   Wenn du doch damals nach der Flucht gestorben wärst. 
   Das hatten beide bis zum Tod meiner Mutter nicht vergessen.
   Und die Tochter meiner Mutter vergisst es bis heute nicht.” (150)

Alt sein

“Ich komme beim Älterwerden auch langsam aus der Zukunft an, ich nehme Abschied von den Aussichtstürmen, die ich nie besteigen, den warmen Meeren, denen ich nie baden werde, den Opernhäusern, den Museen in fernen Hauptstädten, der Transsibirischen Eisenbahn, in der ich nicht schlafen werde.
  Denn ich habe mir in meinem langen Leben alles einverleibt, was ich wollte an Liebe, Wärme, Bildern, Erinnerungen, Fantasien, Sonaten. Es ist alles in diesem Moment in mir. Und wenn ich ganz alt bin, vielleicht gelähmt und vielleicht blind, und vielleicht sehr hilfsbedürftig, dann wird das alles auch noch immer in mir sein. Das ist nämlich mein Schatz.
  Mein unveräußerlicher.
  Ich habe wie jeder Mensch meinen Schatz in mir vergraben.” (170)

Wenn Sie diese Art der Erinnerungen mögen, kann ich ihnen dieses Buch unbedingt empfehlen. 

Den prämierten Text von Helga Schubert findet man hier als PDF: Klick

Katharina Borchardt im Gespräch mit der Autorin
Sendung vom Di., 23.3.2021 22:05 Uhr, SWR2 Lesenswert Gespräch, SWR2 (55 Min.)

Besprechung beim RBB Radio 1: Die Literaturagenten - Das Bücher-Magazin

Dienstag, 13. Juli 2021

Die Prognosefähigkeit der FAZ

lässt durchaus zu Wünschen übrig:

Samstag, 10. Juli 2921

Montag, 5. Juli 2021

Coronabericht Juni 2021: Ein Monat mit Überraschungen



Die Inzidenzen gehen im Juni nahezu kontinuierlich nach unten. Viele Ursachen gibt es: Warmes Wetter, steigende Impfzahlen, vorsichtige Abkehr vom Lockdown. Urlaub in Sicht?
Die Zahlen fallen, die Temperaturen steigen, die Jugend drängt ins Freie, vor allem, wenn es dunkel wird.
Aber leider, leider...


Seit Montag, 14. Juni, kann man den digitalen Impfpass auch in Apotheken bekommen.
Am folgenden Tag bin ich um 9 Uhr in der Apotheke meiner Wahl, zeige Impfpass und Personalausweis vor, die Angestellte gibt die Daten ein und meint: "Einen Moment noch, das System ist beschäftigt".
Nach einer gefühlten Ewigkeit von ca. 2 Minuten heißt es: "Alles klar, kommt sofort."
Die Angestellte verschwindet in einem Nebenraum und kommt kurz danach wieder zurück mit zwei Ausdrucken in der Hand. Für jede Impfung einen mit jeweils einem Barcode.
Ich scanne die beiden Codes mit der Corona-App. Fertig nach insgesamt 5 Minuten.

Am 1. Juli erhalte ich auch dann auch vom Robert-Koch-Institut meinen digitalen Impfpass: Natürlich per Briefpost. 

Was die Digitalisierung von öffentlichen Einrichtungen und Schulen angeht, sind wir in Deutschland sehr, sehr umsichtig, geradezu vorbildlich vorsichtig.
Dazu passt folgende Meldung:

Nein, die Meldung stammt nicht aus dem Jahr 2005 sondern ist vom  29. Juni 2021 und betrifft die Schulen in "Frankfurt – the financial centre, the European city, the traffic hub, the smallest metropolis in the world. ... A global city where international flair meets homey cosiness.”
https://frankfurt.de/english/discover-and-experience/about-frankfurt 

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Die Monate Juni und Juli 2021 stehen ganz im Zeichen der Fußball-Europameisterschaft, die ausgerechnet im Jahr der Pandemie tatsächlich in ganz Europa stattfindet:


Die Fans reisen natürlich mit:
SZ vom 2.7.2021


Man könnte das jetzt auch so sehen:



Auch außerhalb Europas gab es ein bedeutendes Ereignis. Zum hundertjährigen Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas wurde ein bedeutender Platz ausgezeichnet:


In diesem Sinne: Angenehmen Urlaub!