Sonntag, 31. Oktober 2021

Corona-Bericht Oktober: Auf ein Neues?

Schaut man sich die Entwicklung der Inzidenzen an, kann man schon unruhig werden. Die Tendenz geht nach oben und vermutlich: sogar exponentiell. Was wird der November bringen? Alle Einschränkungen fallen schrittweise, nur der Virus richtet sich nicht danach. Unruhige Zeiten.


Die Nachricht des Monats: 



Immer wieder Diskussionsstoff bietet die Frage: Wie sinnvoll sind Luftreiniger in Schulen? Eltern und Elternverbände fordern den Einsatz solcher Geräte, die Kommunen wehren sich, da sie die hohen Kosten für Unterhalt und Wartung fürchten. Sie präferieren Lüften statt Luftreiniger. Das Umweltbundesamt wiederum proklamiert: 
Mobile Luftreiniger - nur als Ergänzung zum Lüften sinnvoll.

Die SZ hat in einem größeren Beitrag darauf hingewiesen, dass die wissenschaftliche Expertise für die Notwendigkeit von Luftreinigern eine seltsame Schlagseite aufweist. 
700 Millionen Euro wurden für mobile Luftreiniger in Schulen bereitgestellt – begleitet von massivem öffentlichen Druck. Ihr größter Verfechter ist ein Physiker, der für etwa zehn Hersteller arbeitet. Ein Problem sieht er darin nicht. 
Von Markus Grill, Leonard Scharfenberg und Berit Uhlmann
(Leider hinter einer Bezahlschranke!)

Mehr zufällig als gezielt bin ich auf eine Doku beim Tagesspiegel vom Januar 2020 gestoßen, die die erste Welle der Pandemie dokumentiert. Es wird klar: Ausgangspunkt war Wuhan, von dort aus startete die Pandemie. Alle späteren, angeblichen Funde des Virus bei PCR-Tests europäischer oder us-amerikanischer Probanden können an dieser Tatsache nicht vorbeigehen.  Die Pandemie ging von China aus. Von Wuhan.


Für Sabine und mich gilt: Im Westen nichts Neues. Wir sind bis jetzt gut und unbeschadet durch die Pandemie gekommen.

 Auch der Urlaub in Frankreich und der Ausflug in die Südwestecke Deutschlands  waren unproblematisch und folgenlos. Mitte Oktober wurde ich gegen Grippe geimpft und Ende November bekomme ich eine Booster-Impfung.

Was den Urlaub in Frankreich/Burgund angeht habe ich eine zweite Folge auf meinem Blog gepostet. Bei Interesse hier zu lesen: Wandern in modernen Zeiten

Ansonsten: Kommt gut durch die Zeit!

Freitag, 22. Oktober 2021

Ein Jahrhundertwinter


Deutschland vor 75 Jahren, das ist auch die Geschichte meiner Mutter, aber eine ganz andere Geschichte. Während meine Mutter als junge Küchenhilfe in französischen Hotels in Baden-Baden arbeitete und die Familie in Rastatt damit ernähren konnte, schlitterte das Land in seine schlimmste Hungerkrise im 20. Jahrhundert.

Das Buch schildert die Auswirkungen des “längsten Winters im 20. Jahrhundert” und seine furchtbaren Auswirkungen auf das geschlagene Deutschland mit seinen obdachlosen, hungernden und frierenden Bewohnern.
Viele Quellen werden zitiert und viel Interviews mit Zeitzeugen, damals noch Kinder, bringen uns die Jahre 1946/47 nahe. Auch Jahre nach den Erlebnissen des Hungerwinters erschüttern heute noch die Berichte aus dem Elend.

Im Frühjahr 1946 und noch einmal Anfang 1947 besuchte Herbert C. Hoover,  amerikanischer Präsident von 1929-1933, Deutschland und beschrieb die Verhältnisse, die er zu Gesicht bekam mit folgenden Worten:
»Die große Masse des deutschen Volkes ist, was Ernährung, Heizung und Wohnung anlangt, auf den niedrigsten Stand gekommen, den man seit hundert Jahren in der westlichen Zivilisation kennt.« (S.163)*
Das Buch überzeugt nicht nur durch die vielen Tagebuchauszüge und Augenzeugenberichte. Die historische Einordnung und Bezüge zur Besatzungspolitik und den ökonomischen Bedingungen der Nachkriegszeit (Bizone, Trizone) sind ebenfalls Thema. So werden Missverständnisse zwischen der deutschen Verwaltung und der Besatzungsmacht zitiert, die man kurios nennen könnte, wenn sie nicht so tragisch in ihren Auswirkungen gewesen wären:
Vielerorts wurde statt Weizen und Roggen Mais geliefert. In Kiel etwa mussten die Bäcker im Januar 1947 dem Brotteig zunächst 50 Prozent, dann 80 Prozent Mais beimischen. Der am Lübecker Krankenhaus tätige Assistenzarzt Harald Walter hatte eine einfache Erklärung dafür: »Ursache für das Maisbrot war ein Übersetzungsfehler unserer gebildeten Politiker. Sie hatten bei den Amis Korn bestellen wollen und hatten tatsächlich ›corn‹ bestellt. ›Corn‹ aber bedeutete im amerikanischen Sprachgebrauch ›Mais‹.Für Getreide gab es die Bezeichnung ›grain‹. Das Maisbrot verursachte Verdauungsbeschwerden, weil es auch nicht unserem Geschmack entsprach. Gefährliche Stoffwechselkrankheiten, besonders bei Kindern, waren die Folge.« (S.155f)
Das Buch führt in eine Zeit zurück, die unsere Eltern noch erlebt haben - und die nie mehr wiederkehren soll.

Alexander Häusser / Gordian Maugg, Hungerwinter. Deutschlands humanitäre Katastrophe 1946/47, Sonderausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, unveränderte Neuausgabe 2021, Bestellnummer: 10715.

*Zu Hoover heißt es auf Wikipedia:
“In seinem im März 1947 veröffentlichten Bericht zu Nachkriegsdeutschland empfahl Hoover dem Präsidenten die Demontage der Industrieanlagen zu beenden und konstatierte, dass die militärische Schwächung Deutschlands erreicht werden könne, ohne die Versorgung seiner Bevölkerung zu behindern. Der Report Hoovers wurde kontrovers diskutiert und fand insbesondere bei John R. Steelman, dem Stabschef des Weißen Hauses, positive Resonanz. 1947 ernannte ihn der republikanisch kontrollierte 80. Kongress zum Vorsitzenden der Commission on Organization of the Executive Branch of the Government, der sogenannten Hoover Commission, die Maßnahmen vorschlug, um bürokratische und administrative Hürden zu senken und die exekutive Gewalt zu stärken. Hoover setzte sich für die Einführung der Schulspeisung, die sogenannte Hoover-Speisung, in der Bizone ein. Diese kam über sechs Millionen Deutschen zugute, die so eine warme Mahlzeit am Tag erhielten.”

Ergänzungen

Das Buch ist für 4,50€ bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich:
https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/35765/hungerwinter

Das Buch war auch Grundlage für eine Fernseh-Doku (2009): Hungerwinter – Überleben nach dem Krieg (Fernsehfilm; nicht in der Mediathek)



Die letzte Woche des Dritten Reiches

Detailliert werden vom Autor die letzten Tage des Dritten Reiches behandelt: Vom 30. April 1945 bis zum 8. Mai, d.h. vom letzten Lebenstag Adolf Hitlers bis zum Tag der endgültigen Kapitulation der Wehrmacht. Tag für Tag wird von den unterschiedlichen Schauplätzen berichtet. Aus militärischen Befehlszentren, Berliner Wohnungen und Kellern, aus Ruinen und aus Villen. Aber auch von Todesmärschen erschöpfter KZ-Häftlinge ins noch nicht besetzte Süddeutschland können wir lesen. Verknüpft werden die Berichte mit biographischen Daten und historischen Bezügen, allerdings nur kompiliert und aus Sekundärquellen.  Das erinnert an Kershaws umfassende Studie “Das Ende. Kampf bis in den Untergang - NS-Deutschland 1944/45”, der aber Primärquellen benutzt und damit analytischer ist.

Damit bietet das Buch eigentlich nichts Neues, aber das Bekannte wird anschaulich und umfassend dargestellt, mit Betonung des Alltags, aber auch der politischen Umstände, der Ränke und Ranküne des Herrschaftspersonals, und immer wieder mit Bezügen zu den Jahren der NS-Herrschaft zuvor. Man hat manchmal den Eindruck, dass das aktuelle Datum lediglich Aufhänger ist für ausführliche Erläuterungen bis hin zu Abschweifungen zur Geschichte des Dritten Reiches. Das ist sicher sinnvoll und nützlich für einen uninformierten Leser, andere mag das manchmal nerven.

Dennoch ist mein Urteil insgesamt positiv, denn vieles wird in Erinnerung gerufen, dass nicht so bekannt war oder vielleicht in Vergessenheit geriet. So zum Beispiel die grausamen Behandlung geflüchteter KZ-Häftlinge, wenige Tage vor dem totalen Ende.

Nicht selten beteiligten sich gewöhnliche Deutsche am Morden. Ein besonders erschütternder Fall ereignete sich Anfang April 1945 in Celle. Hier war es Hunderten von Häftlingen aus einem Nebenlager von Neuengamme gelungen, während eines Bombenangriffs auf den Bahnhof der Stadt aus dem Zug zu flüchten und sich in einem nahegelegenen Wald zu verstecken. In der folgenden Nacht machten sich die Aufseher des Begleit kommandos, SA-Männer, Soldaten aus einer Kaserne, örtliche Polizisten,. Volkssturmmänner und auch Gruppen von Zivilisten, unter ihnen vier zehn- bis sechzehnjährige Hitlerjungen, auf Jagd nach den Entflohenen. Mindestens 170 Häftlinge wurden getötet. (S.181f)

Dazu Wikipedia: Klick  

Den Schluss, den der Autor aus diesem und ähnlichen Ereignissen zieht, ist für mich zwingend: 

Die Massaker von Celle und Gardelegen zeigen: Der Mord an den KZ-Häftlingen in der Phase der Todesmärsche war nicht «von oben» angeordnet und zentral gesteuert, vielmehr entwickelte er sich in einem unkoordinierten, dynamischen Prozess «von unten», wobei sich SS-Aufseher, örtliche Parteifunktionäre, Angehörige von Polizei, Volkssturm und Hitlerjugend, aber auch ganz gewöhnliche Zivilisten zu kriminellen Gemeinschaften zusammenfanden - ein schlagender Beleg dafür, in welchem Ausmaß der Virus entfesselter Gewalt von Teilen der deutschen Gesellschaft Besitz ergriffen hatte. (S.182)

Ich stimme dem Autor auch voll zu, wenn er in seinem Resümee  schreibt:

Man muss sich das Ausmaß der Verheerungen, der materiellen wie moralischen, vor Augen halten, um zu begreifen, wie unwahrscheinlich dies am 8. Mai 1945 erscheinen musste und welche Errungenschaft es bedeutet, heute in einem stabilen, freiheitlichen und friedlichen Land leben zu können. Vielleicht ist es an der Zeit, daran zu erinnern.

Erinnern. Ja, das ist die bleibende Aufgabe.

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches
C.H. Beck Verlag, München 2020, Gebunden, 317 Seiten.
Nachdruck der Paperbackausgabe als Sonderausgabe der Landeszentrale für politische Bildung Hessen, 2021

Rezensionen

Rezensionsübersicht beim perlentaucher

Eine Rezension aus wissenschaftlicher Sicht:
Sabine Kittel,  Rezension zu Ullrich, Volker: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches. München  2020. ISBN 978-3-406-74985-8, 
In: H-Soz-Kult, 10.12.2020

Ian Kershaw
Das Ende. Kampf bis in den Untergang - NS-Deutschland 1944/45
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2011, 702 Seiten, 

Dienstag, 19. Oktober 2021

Die Totengräber der Weimarer Republik


Im Waschzettel heißt es
Auf Basis von zahlreichen Tagebüchern, Briefen, Dokumenten und Zeitungsartikeln machen Rüdiger Barth und Hauke Friedrichs das skrupellose ringen um die Macht hautnah nachvollziehbar. Packend wie in einem politischen Thriller beschreiben sie Tag für Tag den Untergang der ersten deutschen Demokratie.

Und das trifft in der Tat den Kern des Buches. Es ist spannend geschrieben, man erlebt die Tage vom 17. November 1932 bis zum 30. Januar 1933 hautnah und atemlos mit.  Aus unterschiedlichen Perspektiven wird das Ränkespiel zwischen Franz von Papen, Kurt von Schleicher, Paul von Hindenburg und schließlich Adolf Hitler und Ernst Röhm stimmungsvoll dargestellt. Die Szenen wechseln sich ab, von der großen Politik bis hinab zum Partygeplauder. Banales folgt auf Erhellendes und umgekehrt. 

Ein Buch wie eine Folge von ZDF-History. Schnelle Schnitte, spotlightartige Szenen, atemloses Tempo und bedeutungsschwangere Anmerkungen bis hin zu sprachlichen Manierismen: “Die letzten Meter gehen sie zu Fuß. Auf Oskar von Hindenburg und Otto Meissner wartet man bereits in der Villa der Ribbentrops. Papen. Göring. Hitler.”
Das Buch, das die Sehgewohnheiten des geschichtsorientierten TV-Zuschauers vermutlich adäquat umsetzt. 

Trägt es zum Verständnis der damaligen Ereignisse bei? Ja, das muss ich konzedieren, wenn es um Stimmen und Stimmungen der damaligen Zeit geht. Farbig ist das Ganze, aber viel Farbe ersetzt noch keine Analyse.

Rüdiger Barth, Hauke Friederichs: Die Totengräber. Der letzte Winter der Weimarer Republik
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018 ISBN 9783103973259
Gebunden, 416 Seiten, 24,00 EUR


Rezensionsübersicht beim Perlentaucher: Klick


Dienstag, 12. Oktober 2021

Liou Uie-Liang: Mein Onkel aus Taiwan

Uie-Liang Liou (劉威良)  MEIN ONKEL AUS TAIWAN
Europa Edizioni srl, 2021   Preis: € 12,90

Die Autorin, geboren in Taiwan und indigener Abstammung lebt seit 1991 in Deutschland und ist hier verheiratet.
Sie hat ein interessantes und spannendes Buch geschrieben zur Geschichte Taiwans nach der Machtübernahme durch die Kuomintang und dem darauf folgenden Weißen Terror unter der Herrschaft Chiang Kai-sheks, dargestellt anhand der Geschichte ihres Onkels. 

1971 wird der Onkel mit dem Vorwurf des versuchten Attentats verhaftet und zehn Monate im Untersuchungsgefängnis gefoltert und zu 15 Jahren Haft verurteilt, aber nach fünf Jahren und acht Monaten wird sein Urteil auf diese Zeit gemindert, wohl weil Amnesty International eine Liste mit politischen Gefangenen in Taiwan, dem Verbündeten der USA, veröffentlichte, auf der auch sein Name stand.
In der Familie in Taiwan wird diese Geschichte aber verschwiegen. Erst in Deutschland lernt sie die wirkliche politische Geschichte ihres Onkels und vor allem die ihres Landes kennen (S.111ff). In Taiwan dagegen:
Über Taiwan lernen wir fast gar nichts. Wir leben in Taiwan, aber wir kennen die Flüsse unseres Landes nicht. Wir wissen nicht, wie unsere Berge heißen. In unserer Verfassung der Republik China steht über das Territorium Taiwan nichts drin. Denn 1946, als die Verfassung niedergeschrieben wird, gehört Taiwan gar nicht zu China. Taiwan wird in dieser Zeit von Japan aufgegeben und von einer Allianz übergangsweise besetzt. Wir wissen, dass wir ein eigenes Land haben. Aber ehrlich gesagt wissen wir immer noch nicht, welche gesetzliche Position Taiwan in der internationalen Politik hat und wie die aktuelle Lage für Taiwan ist. Wir diskutieren ständig und heftig, keiner weiß es genau. S.99

Und zu meiner Überraschung muss ich lesen: Die Vergangenheit Taiwans ist noch nicht aufgearbeitet, sie ist noch nicht einmal vergangen. Die Autorin zeigt am Beispiel der Geschichte ihres Onkels, dass die alten Kräfte und die neuen aus der Volksrepublik sehr gut zusammenarbeiten, um ehemalige Regimegegner weiterhin unter Druck zu setzen.

Nicht zuletzt ist dies auch ein Buch zu dem Problem, ob man als in Taiwan geborene Frau eine Chinesin ist, Taiwanerin, oder was? Und ein Buch, dem ein kompetenteres Lektorat gut getan hätte. 

Im Anhang findet man beeindruckende Abbildungen von Malereien des Onkels der Autorin. (Siehe auch das Titelbild des Buches.)

Inhaltsangabe/Infos: 

https://intaiwan.net/wp-content/uploads/2021/09/Pressemitteilung-Uie-Liang-Liou.pdf 

Weitere Quellen

Europa Edizioni srl www.europabuch.com 

Meine Rezension bei Amazon: Klick

Vertiefend:

Der Weiße Terror in Taiwan – Schlüsselbegriffe und Erfahrungsberichte
Thilo Diefenbach (Einleitung und Übersetzung); PDF
 

 


Montag, 11. Oktober 2021

Corona-Bericht September 2021: Entwarnung?


Die Kurven oben zeigen deutlich: Von einer weiteren Welle kann man vorerst nicht reden, allenfalls von einem Well-chen. Das ist sicher auch ein Resultat der Impfung. Der zeitweilige Anstieg der Inzidenzen war unmittelbar eine Folge der zu Ende gegangenen Sommerferien der Schulen. Sehr schön kann man das sehen an den leichten Anstiegen der Zahlen in Hessen (Schulbeginn 27.8.) und Baden-Württemberg (11.9.). Aber die Zahlen fielen danach auch langsam und kontinuierlich wieder. So weit so gut.

Quelle: Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard 18.10.2021

Die Pandemie hat Opfer hinterlassen. Auch unter den Jüngeren. Ich meine jetzt nicht die physischen Opfer sondern die wirklich schlimmen, die eingebildeten. In der FAZ gab es dazu in der "Sonntagszeitung" (die jetzt samstags erscheint) den Artikel: "Die Vergessenen der Pandemie". Damit waren Studenten gemeint. Kein Zweifel, die Studenten (und die Studentinnen natürlich auch) waren nicht zu beneiden. Wer vor drei Semestern anfing zu studieren hat bis heute vielleicht noch kein Seminar kennen gelernt, keine Arbeitsgruppen mitgemacht, keine Studienkollegen kennen lernen können. Aber es geht natürlich noch schlimmer:

Das kann man verstehen. erst 22 und dann wie ein 40-Jähriger behandelt werden. "Das ist die totale Überforderung". Das ist nicht die Generation X, Y Z sondern die Generation Heulsuse.


Durch Zufall bin ich in der ARD Mediathek auf eine sehenswerte Dokumentation gestoßen:


Sie zeigt die Entwicklung der weltweiten Pandemie bis Ende Juni 2021 und bringt nochmals die Bilder in Erinnerung aus den ersten Monaten (Wuhan, Bergamo). 





Montag, 4. Oktober 2021

Eine Frau geht fremd

Im Waschzettel wird gefragt:
"Was wäre, wenn man allem Vertrauten den Rücken zukehrte, einfach so? Und sich auf das Unerhörte einließe?"

   Für die Protagonistin ist das Unerhörte ein alter, grauer Mann mit Bart, schwerhörig und gehbehindert, aber mit starken Proletenhänden und seltsamen sexuellen Bedürfnissen. Ein Mann, "der die Mitte ausließ" und dafür die Ränder bewohnte.

   Spricht sie mit und von dem Mann mit den Arbeiterhänden werden ihre Sätze kurz, stakkatoartig, emotionslos, distanziert. Spricht sie von ihrer Familie, den Freunden, der Vergangenheit werden ihre Sätze lang, beschreibend, mitfühlend.

   Ist das eine Groteske, eine Satire auf die Yellow Press, die Geschichte einer amour fou, eine Sozialreportage oder einfach nur eine Sado-Maso-Nummer? Oskamp spielt mit den Lesererwartungen und man weiß nie, ist das Kitsch oder Kunst. Ich lese dann doch lieber die Geschichten einer Fußpflegerin in Marzahn.

Katja Oskamp: Hellersdorfer Perle
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010 ISBN 9783821861104
Gebunden, 218 Seiten, 18,95 EUR

Rezensionen

Rezenionsübersicht beim Perlentaucher:

Von Ulrich Rüdenauer
In der "Hellersdorfer Perle" blickt Katja Oskamp in die Abgründe, die ein bürgerliches Leben in der Kleinfamlie nicht bieten kann.