Donnerstag, 25. August 2022

Exil unter Palmen




Magali Nieradka-Steiner: Exil unter Palmen. Deutsche Emigranten in Sanary-sur-Mer.

Theiss Verlag Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 2018.


Sanary-sur-Mer war von 1933 bis 1940 Zufluchtsort und Exil für viele prominente deutsche und österreichische Schriftsteller, die vor den Nazis flohen und schließlich in dem kleinen Küstenort am Mittelmeer eine starke deutsche Kolonie bildeten. Die einheimischen Franzosen nannten in dieser Zeit den Ort oft spöttisch “Sanary les Boches”. Erst 1940, nach der Niederlage Frankreichs, löste sich diese “Kolonie” auf, denn es bestand die Gefahr, dass die deutschen und österreichischen Exilanten nach Deutschland ausgewiesen werden, so wie es das Waffenstillstandsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich verlangte.



In diesem kleinen Küstenort traf sich nach der Machtergreifung der Nazis alles, was in der deutschsprachigen Kultur Rang und Namen hatte. Lion Feuchtwanger mit Frau und Geliebter, Thomas Mann mit Frau und allen Kindern, Bert Brecht war kurze Zeit dort mit Begleiterin, Arnold und Stefan Zweig und viele andere auch. In Sanary gibt es heute eine Gedenktafel, die fast alle deutschen Gäste auflistet. Im Touristenbüro kann man einen Plan mit den Schauplätzen des deutschen Exils in Sanary erstehen und die Häuser, in denen die Exilanten wohnten, wurden mit Informationstafeln ausgestattet.


Von --Anima 21:00, 28 September 2007 (UTC) - Eigenes Werk,

CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2836383


Die Geschichte des Exils in Sanary erzählt die Autorin anschaulich und kenntnisreich, mit vielen Verweisen und Querverweisen, so dass sich dem Leser ein anschauliches Bild vom Leben der deutschen Dichterfürsten, von ihren Konflikten, Problemen und Hoffnungen ergibt. Das Buch ist mit einer umfangreichen Literaturliste ausgestattet und enthält auch ein Personenverzeichnis zum gezielten Suchen. Besonders erfreulich ist die Fülle an Fotos der intellektuellen Szene in Sanary, die man so konzentriert an einer Stelle noch nie gesehen hat. Manche Fotos dürften überhaupt zum ersten Mal abgedruckt sein. Das ist ein großes Verdienst der Autorin.

Soweit alles perfekt.

Wenn da nicht einige Fehler wären, die ein aufmerksames Lektorat nicht hätte übersehen dürfen. Es verwundert mich schon, dass sich ein Verlag, der sich “Wissenschaftliche Buchgesellschaft” nennt, offenkundig ein Lektorat erspart hat. 


Die gröbsten Schnitzer:


The Great Gatsby

“Das Bild der feiernden ,,Lost Generation" am Mittelmeer ist nirgendwo so eindrucksvoll festgehalten worden wie in Fitzgeralds an der Côte d'Azur spielenden Romanen The Great Gatsby (1925) und Tender is the Night (1934).” (S.52)

Fitzgerald hat zwar Teile (!) von The Great Gatsby tatsächlich an der Riviera geschrieben, aber vom Mittelmeer ist im Roman nirgendwo die Rede und wer ihn auch nur oberflächlich gelesen hat weiß, dass er an der Ostküste der USA spielt und die nicht immer ganz so feine Gesellschaft der Ostküsten-WASP zum Thema hat.


Über Sybille Bedford (damals: Sybille Aleid Elsa von Schoenebeck) heißt es:

Sie war in Deutschland geboren worden, hatte in England ein Internat besucht, anschließend mit ihrer morphinsüchtigen Mutter Lisa Marchesani, geborene Elisabeth Bernhardt, in Italien gelebt und war Mitte der 1920er-Jahre aus Zufall in Sanary gestrandet,... (S.61)

Das ist definitiv falsch. Sybille Bedfords Mutter wurde erst Anfang 1930 morphiumabhängig, vier Jahre nach ihrem Eintreffen in Sanary, wie Sybille Bedford in ihrem autobiographisch geprägten Buch Treibsand schreibt. Auch die Reihenfolge  Internat in England, dann Aufenthalt in Italien ist falsch.


Überhaupt hat die Autorin Probleme, die Bücher von Sybille Bedford auseinanderzuhalten:

Vor allem die autobiografischen Romane Zeitschatten, Treibsand und Rückkehr nach Sanary, veröffentlicht unter ihrem späteren Namen Sybille Bedford, zeichneten ein getreues Bild der wechselnden Protagonisten des Ortes [Sanary] und der sich wandelnden politischen Situation von 1926 bis 1940. (S.61f) 

Zeitschaften und Rückkehr nach Sanary sind Übersetzungen des gleichen Romans: Jigsaw. An Unsentimental Education aus dem Jahr 1989. 

Auch werden die Romane widersprüchlich datiert. So heißt es auf S. 156 

...und  den autobiografischen Romanen Zeitschatten (1989) und Treibsand (2005) von Sybille Bedford verdankt man heute die ausführlichsten Sanary-Beschreibungen der Exiljahre.

Im Anhang wird dann Zeitschatten mit 1992 und Treibsand mit 2011 angegeben. Einem Lektorat hätte das auffallen müssen.


Im Übrigen wird die Rolle, die Sybille Bedford für die deutschen Künstler angeblich spielte, deutlich überschätzt.

Ebenso wie Julius Meier-Graefe in Saint Cyr waren Sybille von Schoenebeck und René Schickele in Sanary Wegbereiter, allen voran für Thomas Mann. (S.90)

Für René Schickele mag das sicher stimmen, für Sybille Bedford eher nicht. Was immer man unter Wegbereiter verstehen mag. Für diese Rolle war sie einerseits zu jung - geboren 1911 -  und andererseits zu wenig anerkannt in der deutschen Exilantenkolonie. Die einzige Rolle, die Sybille Bedford jemals für Thomas Mann spielte, war nach ihren eigenen Angaben die unbedankte Transporteurin seines Hundes - Jahre später in den USA.


Schade für das Buch. Dennoch ist es lesenswert, wenn das Thema Exilliteratur interessiert.

Ob es mit “Das flüchtige Paradies: Deutsche Schriftsteller im Exil an der Côte d‘Azur” von Manfred Flügge mithalten kann, werde ich demnächst überprüfen.


Magali Nieradka-Steiner: Exil unter Palmen. Deutsche Emigranten in Sanary-sur-Mer.

Theiss Verlag Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 2018.



Tipps zur Geschichte des deutschen Exils in Sanary findet man in diesem SPIEGEL-Artikel von 2005:
Sanary-sur-Mer. Paradies wider Willen

https://www.spiegel.de/reise/europa/sanary-sur-mer-paradies-wider-willen-a-376898.html


Eine Broschüre des lokalen Tourismusbüros zum gleichen Thema kann man hier online einsehen:

Exil in Sanary-sur-Mer (Deutsch!)

https://de.calameo.com/read/0060437613243e4670d8d 


 

Samstag, 20. August 2022

ALLES MUSS RAUS!

Sommerloch #1

Ich erinnere mich an frühere Zeiten. “Sommerloch” hieß in den Medien, das waren damals Zeitungen, Film, Funk und Fernsehen, immer: Das Ungeheuer von Loch Ness taucht wieder auf und im Rhein werden Wale gesichtet (oder auch mal ein Krokodil). Ansonsten gab es wenig zu berichten und das Zeilenhonorar war noch ausgiebig.

Das war einmal: Das Zeilenhonorar sinkt kontinuierlich und die Berichte werden entsprechend länger. Aber was soll man über das ungeheure Loch Ness neues schreiben und was, wenn keine Wale gesichtet werden? Neues Aufregerthema ist die Hitze.


Hitzewelle: Grell scheint die Sonne auf mein Zeilenhonorar




Die Medien könnten es sich ganz einfach machen, so zum Beispiel wie Werner Bartens in der SZ vom 16./17. Juli:
“Man merkt selbst, wenn das, was man in der Hitze vorhatte, vielleicht keine so gute Idee ist.” Immerhin braucht er fast eine ganze Zeitungsseite für diese Erkenntnis.
Auch der Ratschlag “Cool bleiben” von Francesca Polistina in der gleichen Ausgabe der SZ ist überzeugend, denn, wie sie einen Klimaforscher zitiert: “Das Problem der Hitze ist in Deutschland bewältigbar.”, zum Beispiel, indem man tagsüber einfach die Sonne und die warme Luft nicht in die Wohnung lässt.
(Beide Artikel nur hinter einer Bezahlschranke lesbar!)

Die beiden Autoren der SZ haben die Rechnung aber ohne die FAZ gemacht. Dort heißt es in der Sonntagszeitung vom 17. Juli: Seien Sie vorsichtig!
mit Ratschlägen der Art “Wer rausgeht sollte unbedingt eine Kopfbedeckung und eine Sonnenbrille tragen” und “viel, viel trinken”, “Essen sollte man tagsüber leichte Dinge” und “lüften Sie die Wohnung nur, wenn es draußen kühler ist als in der Wohnung.”
Tipps dieser Art in der Zeitung, von der es einmal hieß: ”Dahinter steckt immer ein kluger Kopf”.
Tempi passati?
Und überhaupt gilt immer und überall noch die Regel von Karl Schmitt: Denkt an die Elektrolyte!

Im Winter wird es ganz sicher wieder kälter werden. Wetten wir? Ich bin gespannt auf die Tipps, die man mir dann gibt: “Ziehen Sie sich warm an!”, vielleicht?


Sommerloch #2 - Covid bleibt...

ist aber kaum eine Meldung wert, auch wenn die Infektionen trotz stark gesunkener Testzahlen steigen und die Kliniken zunehmend mehr belegt werden. Aber die Regierung ist in den Sommerferien, Herbst und Winter sind noch fern und überhaupt: die Ukraine und der vielleicht oder denkbare oder befürchtete oder vielleicht doch nicht oder noch nicht eintretende Mangel an Gas bestimmen das Thema. Ein breites Feld an Spekulationen, Befürchtungen, Ängsten tut sich auf. Nichts Genaues weiß man nicht, aber: Zeilenhonorar und Klickraten zählen. 

Eines ist auch ganz sicher: Die Querdenkerszene hat ja sowas von recht:


Manche Zusammenhänge verwundern mich überhaupt nicht:


In Mathe war ich immer schlecht



Nein, eigentlich nicht. Aber die Aussage gilt sicher für viele Menschen, die gerne was mit Medien machen (wollen).
Als ehemaliger Mathematiklehrer rechne ich Zahlenangaben in Texten immer nach. IMMER, ich kann gar nicht anders, es ist ein bedingter Reflex, wie bei einem Pawlowschen Hund. Ich bin sicher nicht anmaßend, wenn ich auch für meine Kollegen und Kolleginnen konstatiere: Als Mathelehrer ist Kopfrechnen eine natürliche Reaktion wie Speichelfluß beim Anblick eines gebratenen Steaks oder Schwitzen bei sportlicher Anstrengung. 
Also rechne ich:

Acht Prozent?” Äh, nein. Den Fehler findet man sofort wenn man überschlägt, was 10% von 188 000 ergeben. (Meine Vermutung: Der Autor hat aus “etwa ein Achtel” auf 8% geschlossen.)



Auch hier würde ich sagen, dass auf dem Bild die Mathematik definitiv zu kurz kommt und Tafeltext und -bild sich nicht vertragen, inkommensurabel sind. Der Mathematikunterricht muss an dieser Stelle definitiv besser werden.



Bisher konnte mir noch niemand erklären, was die Kollegin an der Tafel vorrechnet. Und wozu braucht sie ein Tablet, wenn Sie doch an der Tafel rechnet?

Das Bild findet sich in allen möglichen Zusammenhängen, wenn es irgendwie um Schule und Unterricht geht. So auch bei einer Meldung des SWR, (deren Überschrift wohl unfreiwillig einen hohen Wahrheitsgehalt hat)

Sicher ist: So wird der Mathematikunterricht auch nicht besser. Und ich frage mich: Warum werden immer Frauen in diesen seltsamen Zusammenhängen gezeigt? 



Ob es hier wirklich hilft, den Leser beim Rechnen zu unterstützen? Es ist ja schön zu wissen, dass 60 Flaschen Wasser zu je 1 Liter insgesamt 60 Liter ergeben. Aber wie hoch steht dann das Wasser bei dieser Menge auf einem Quadratmeter? (In Mathe war ich immer schlecht!)



Ich habe einige Zweifel, dass der Lehrermangel an Grundschulen dadurch behoben wird, dass man mittels Aushilfslehrer den Kindern physikalische Phänomene wie Beschleunigung etc. rechnerisch näher bringt. In Physik war ich auch immer schlecht.

Es gibt aber auch Erstaunliches zu finden.


DAS reizt mich jetzt wirklich zum Rechnen, und wenn ich noch aktiv im Schuldienst wäre, würde ich die Aufgabe meiner Klasse vorlegen (Thema: Körperberechnungen, Pyramide). Ich bin sicher, wir hätten viel Spaß dabei herauszufinden, was man lediglich mit Kenntnis der Kantenlänge des Würfels alles berechnen kann.
Das eigentlich Erstaunliche ist aber: Das Bild illustriert einen Text, bei dem es um die Kostenübernahme durch die Sozialhilfe für die Therapie behinderter Kinder geht. 

Etwas Versöhnliches zum Schluss. Mein Arbeitsleben als Mathematiklehrer hat mir gezeigt, dass es drei Sorten von Menschen gibt. Solche, die bis drei zählen können und solche, die es nicht können. 
Damit sollten wir leben können. 


Vermischtes und Verwischtes

Ein Namensproblem

Ein Verwaltungsgericht in Göttingen hat entschieden, dass ein Mädchen aus Niedersachsen ihren Namen ändern darf. Weil sie den gleichen Vornamen wie eine bekannte Sprachassistenz trägt, wurde sie in der Schule gemobbt. Die anderen Kinder sollen dem Mädchen immer wieder erniedrigende Befehle erteilt haben. 22.7.2022
Kann ich verstehen. Wer will schon “Ok Google” heißen? Und müsste es nicht “seinen Namen” heißen?

Britischer Humor 

Vor längerer Zeit habe ich hier etwas über die besondere Form des britischen Humors geschrieben, betreffend die herrschende politische Klasse in diesem Konglomerat aus sich gegenseitig verachtenden Nationen auf zwei Inseln und einigen Eilanden (ich sage nur: vier selbständige Fußballvereinigungen in UEFA und FIFA!). 
Es geht aber viel besser, nämlich böser, sarkastischer und vernichtender, als dies ein Festländer jemals könnte. Ich erwähne nur die regelmäßigen giftigen Spöttereien von A.L. Kennedy in der Süddeutschen. Und es geht noch besser! Schauen Sie mal Bye Bye Boris von Jonathan Pie:


Ein gutes Werk...

... zu tun sollte nicht nur Pfadfindern Pflicht und Freude sein, sondern auch uns. Ich habe ein gutes Werk getan und Geld gespendet für eine Organisation, die Häftlinge im wahrsten Sinne des Wortes freikauft. Häftlinge, die wegen eines Nazigesetzes im Gefängnis sitzen, denn sie haben eine Straftat begangen, indem sie ein “erschlichenes Beförderungsentgelt” nicht bezahlt haben, in den meisten Fällen nicht bezahlen konnten wegen Mangel an Geld. 
Mehr dazu in der SZ vom 8.12.2021 oder direkt bei der Initiative Freiheitsfond. Ein Hinweis der Initiatoren: “Eine Spendenquittung können wir leider nicht ausstellen, da das Finanzamt das Freikaufen nicht als gemeinnützig ansieht.”
In diesem Sinne:
Reiner

Mittwoch, 17. August 2022

Zeitenwende

 


Freitag, 5. August 2022

Was die Hausfrau nicht wusste

 Ein Beitrag aus der ZEIT:


Was steckt dahinter? Die Autorin klärt die Hausfrau auf:
Erfreulich für die Unternehmen: In der Regel zahlen die Verbraucher bei den kleinen Packungen mehr je Gramm und Milliliter als bei größeren Packungen.
Während die Produkte schrumpfen, legen die Profite zu.

Hätten Sie's gewusst? Gut, dass uns das mal jemand erklärt hat. 


Montag, 1. August 2022

Alle Jahre wieder: Absurdes Theater mit Methode

 oder: Mir kenne alles außer gscheit sei.




Südwestpresse

4000 arbeitslose Lehrer

Angestellte werden über die Sommerferien entlassen - aus Kostengründen

Von den befristet angestellten Lehrerinnen und Lehrern in Baden-Württemberg werden rund 4000 über die Sommerferien arbeitslos sein - obwohl sie danach wieder gebraucht werden. Der für eine Weiterbeschäftigung der Lehrkräfte nötige Betrag liegt nach Angaben des Kultusministeriums bei rund 15 Millionen Euro. Dies geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag hervor. Zunächst hatte der Südwestrundfunk berichtet.


Erhellend auch der Hinweis der SPD: 

Der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Stefan Fulst-Blei, teilte am Samstag mit, schon seit Jahren ignoriere die Landesregierung Notrufe nach mehr Personal. „Für eine Werbekampagne wie "The Länd" stellt die Landesregierung 21 Millionen Euro zur Verfügung, aber die Beendigung der unsäglichen Praxis der Lehrkräfteentlassungen über die Sommerferien ist der Landesregierung nicht einmal 15 Millionen Euro im Jahr wert“, sagte Fulst-Blei.

Link zur Zeitung: Klick

https://www.swp.de/baden-wuerttemberg/4000-arbeitslose-lehrer-angestellte-werden-ueber-die-sommerferien-entlassen-aus-kostengruenden-65273071.html 


Eine weitere Zeitung aus Baden-Württemberg verbreitet eine zusätzliche Info, die noch mehr die Grün-Schwarze Regierung ins Abseits stellt:


Stuttgarter 

Zeitung


Baden-Württemberg

Land ist Spitzenreiter bei Lehrerentlassungen im Sommer

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.baden-wuerttemberg-land-ist-spitzenreiter-bei-lehrerentlassungen-im-sommer.62eca7b1-fbb3-40b3-8a17-ab4eea428bd5.html


Haben wir uns jemals so eine Grüne Politik vorstellen können? Sachsen zeigt schon mal, was passieren könnte:

Es droht die Vier-Tage-Schulwoche

In Sachsen-Anhalt ist der Lehrermangel so groß, dass Sekundarschulen eine Vier-Tage-Woche anbieten. Bayern geht es deutlich besser, bleibt aber nicht verschont.

https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2022-07/lehrermangel-vier-tage-woche-schulbildung 


Es gibt ja auch allgemein die Klage darüber, dass die in der Pandemie geschlossenen Schulen für Bildung der jungen Generation bleibende negative Folgen haben könnte.

Wie löst man das Problem? Vielleicht wie hier im “Absurden Theater”. Motto: Kommen Sie her, kommen Sie ran, hier werden Sie genauso besch... wie nebenan!


Prolog: Großes Lamento über zu wenig Personal in Kindertagesstätten (und Schulen)


Akt 1: Arbeitszeit erhöhen; Arbeitsbedingungen verschlechtern


Akt 2: Befristet angestellte Lehrer über die Ferien entlassen und nach den Ferien der Versuch sie wieder einzustellen.


Schluss: Großes Lamento über schlechte Bildung der Kinder und zu gute Abiturnoten.  Zurück zum Prolog.




»Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss!/Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!«


Sven Regener “Glitterschnitter”


Sven Regener: „Glitterschnitter“, Roman Galiani Verlag, Berlin 2021. 480 Seiten, 24 Euro
und bei der Büchergilde Gutenberg (siehe Titelbild oben)

Ich lese gerade (Ende Juni 2022) das Buch "Glitterschnitter" von Sven Regener. Ein Roman aus dem unerklärten Zyklus um Herrn Lehmann, genauer: Frank Lehmann*.

Am Anfang denke ich: Das kenne ich alles schon aus den vorhergehenden Romanen, die Stimmung, die Sprachkritik, verpackt in witzige Dialoge, das Milieu. Aber nach wenigen Seiten bin ich wieder drin in der Wahnsinnswelt von Sven Regener und seinem Herrn Lehmann. Berlin, Kreuzberg, Cafés und Kneipen und du bist dir ganz sicher, das ist Realismus pur und der Wahnsinn ist Wirklichkeit geworden, schon in den 80er Jahren, wir haben es nur nicht gemerkt. Einzig der Milchkaffee in großen Schalen ist davon übrig geblieben (und wird heute nur noch in wenigen Lokalen serviert, u.a. in meinem Stammcafé, der Linie 3 in Darmstadt: Große Schale 3,80€ nach der 1. Covid-Welle; 4,60 nach der zweiten).

Ich sitze auf meiner sonnenbeschienen Terrasse, neben dem Sonnenschirm und lese mich immer mehr in Trance. Als die Haut zu kokeln beginnt gehe ich zurück in die Küche, stelle das Buch in den Kühlschrank und die Flasche Wasser ins Regal.
Ist das jetzt ein Sonnenstich oder bin ich gerade in die Welt von Frank Lehmann transponiert worden?

Liebe Freunde, wenn euch das Rentnerdasein den jahrelang im Berufsleben ehrlich erworbenen Wahnsinn wieder ausgetrieben hat, dann lest dieses Buch. Es ist beste Medizin gegen die kranke Normalität,

* Zum Zyklus gehören mittlerweile sechs Folgen; siehe wikipedia.de.

Deja Vue:
S.239 ist vom Epochenbruch die Rede (bezogen auf die Vorwendejahre!)
S.292: "Sie (die Ärzte, RW) schleichen das aus."


Sammelrezension:

Inhaltsangabe vom Deutschlandfunk
"Kuriose Gestalten, schräge Dialoge und viel Situationskomik: In seinem neuen Roman taucht Sven Regener wieder tief ein in die kleine Welt in der Wiener Straße in Berlin. Frank Lehmann arbeitet als Putzkraft und angehender Milchkaffee-Experte im Café Einfall, wo sich alle treffen: Die Bandmitglieder, die im Café ihr Demoband aufnehmen und begeistert in die Wände bohren, die österreichischen Hausbesetzer der ArschArt-Galerie von nebenan. Der Künstler H. R. Ledigt, der in seinem kleinen Zimmer eine Ikea-Musterwohnung aufbaut, sein Manager Wiemer, der Ledigt überreden will, doch lieber ein Bild für die Wall City Ausstellung zu malen. Chrissie aus Stuttgart, die damit hadert, dass ihre Mutter Kerstin nach Berlin gekommen ist, der neue Kontaktbereichsbeamte, dessen Uniform beinahe zu einer Massenschlägerei führt. Es ist eine bunte Gesellschaft, die sich da zusammenfindet:"


Wer Sven Regener im Interview in der Kneipe Weiße Taube, Wiener Straße, Berlin Kreuzberg) sehen und hören will: Hier beim rbb.

Musik von Sven Regener und der Band Element of Crime auf youtube



Und mein liebstes “Berlin-Lied”: Alle vier Minuten


Hier ein langes Konzert in Rudolstadt 2016 (45 Min.)

 


Ein Auftritt bei Bayern 2 StudioClub 2014