Update 26.Juli
"Wer vor fünfundzwanzig Jahren Kind war, hat schon Mühe, zu erklären, wie anders das Leben damals gewesen ist. Wer vor fünfzig Jahren Kind war, lebte tatsächlich in einem anderen Land, in einer anderen Welt. Es ist mehr fort als blieb. So groß sind die Unterschiede, dass es kaum möglich ist, sie den Jungen zu erklären, ohne komisch zu wirken."
Volker Zastrow, FAZ Herbst 2015
Als ich noch klein war, so ungefähr 120cm und in den späten 50er Jahren,
gab es für mich, für uns und überhaupt:
Keine Waschmaschine, keinen
Kühlschrank, keine Spülmaschine, keinen Elektroherd, keinen
Staubsauger, überhaupt keine elektrischen Geräte, allenfalls ein
Bügeleisen
dafür
-
wurde in
großen Bottichen gewaschen, die Wäsche wurde mit großen Paddeln
umgerührt und das war Schwerstarbeit, die nur von den Hausfrauen
ausgeübt wurde;
-
gekühlt
wurde im Winter auf dem Fensterbrett und im Sommer kaufte man
Stangeneis in Blöcken, für 20 Pfennige auf der Straße, direkt vom
Wagen herunter für den "Eisschrank",
-
Fernsehen
gab es nur in wenigen Kneipen, wo sich alle um das kleine Gerät
scharten, das hoch oben an an der Wand hing und ab dem frühen Abend ein
einziges Programm anbot (am Sonntag schon vormittags, z.B. das
berühmte "Neujahrsspringen").
Kein Telefon, kein TV, kein
Handy, keinen Computer
dafür aber
Briefe, Postkarten,
Telegramme, sehr große Radios mit einem magischen "grünen
Auge" und sehr viel Rauschen auf Mittelwelle-Sendern wie
Beromünster, Monte Carlo, Radio Luxemburg.
Für bewegliche Bilder
konnte man sonntags ins Resi in die Kindervorstellung gehen und sich
Märchenfilme anschauen, manche sogar in Farbe!
Keine Computerspiele, keine
'virtual reality'
dafür Gruppenspiele je
nach Saison:
-
Klickern mit bunten
Ton- oder seltener Glasmurmeln ("Marvle");
-
Münzen an die Wand
oder auf einen Strich werfen und anschließend damit "würfeln",
-
Cowboy und Indianer
spielen,
-
mit dem Ball an die
Wand werfen, nach einer komplizierten Reihenfolge in die Hände
klatschen und dazu Reime aufsagen (nur Mädchen),
-
eine Art Baseball,
aber mit Holzstock und beidseitig angespitztem Holzkeil,
-
Verstecken und
Fußball im Hof und auf der Straße (ganzjährig),
-
manchmal auch Streit
mit Gruppen aus anderen Stadtvierteln ("Kalabrich"), mit
Kriegszügen und Steinewerfen in feindlichem Gebiet.
Wir waren immer draußen und
die Eltern wußten eigentlich nie wo genau. Spätestens zum
Abendessen oder bei Einbruch der Dunkelheit war man lebend und meist
unverletzt wieder daheim.
Keine Armbanduhr, es sei
denn man ging schon zur Kommunion oder Konfirmation, das war dann das
Geschenk zum Eintritt in das Erwachsenenleben;
Keine Jeans, keine
Jogginghhosen, keine T-Shirts, keine Hoodies, keine Basecaps, keine
Nylon-, Perlon- oder sonstige Kunstfaserhemden oder -hosen;
dafür
Hosen aus Wollstoff
(furchtbar im Regen) oder Gabardine (furchtbar auch ohne Regen),
Baumwollhemden, Arbeitsdienstmützen; wenn man noch jünger war auch
kurze Hosen mit braunen langen Wollstrümpfen darunter (noch
furchtbarer).
Keine Sneakers oder
Joggingschuhe,
dafür
2 Paar Lederschuhe pro Jahr:
im Sommer meistens Sandalen und im Winter hohe Halbschuhe, außerdem
Turnschuhe für die Schule (aus einem schwarzen, gummiartigen Stoff),
die bald sehr merkwürdig rochen.
Keine Softdrinks, keine
Icetees, kein 125 verschiedene Sorten Fruchteis,
dafür
-
Wasser aus dem
Wasserhahn, manchmal Zuckerwasser,
-
"süßes"
Mineralwasser (mit Zucker und/oder Zitronenaroma) oder saures
Mineralwasser (ohne Zucker),
-
sehr selten Bluna
oder Sinalco, noch seltener Coca-Cola in der 0,25l-Flasche für 25
Pfennig und 20 Pfennig Pfand;
-
Erdbeer- und Vanille-"Eis am Stiel" von Langnese in
Staniolpapier für 20 Pfennig, später auch Capri, aber das war
teurer.
Keine fertig verpackten
Süßigkeiten außer Schokolade und "Ahoi-Brause;
dafür
Karamelbonbons einzeln für
1 oder 2 Pfennig und saure Drops in Brombeerform, alles in kleinen
Tütchen oder in die Hand, manchmal schwarze Rollen "Bärendreck",
auch als Lakritze bekannt.
Zu essen gab es keine Pizza,
keine Pommes, keinerlei Tiefkühlkost, kein Caprese
dafür
Kartoffeln mit Gemüse,
Kartoffelsuppe, Bratkartoffel, Kartoffeln mit Rahm oder Kartoffelbrei
mit Sauerkraut; Eierpfannkuchen mit Pilzen oder im Sommer auch mal
mitHeidelbeeren, sonntags Markklößchensuppe, Schweinebraten mit
brauner Sauce und Salzkartoffeln oder Spätzle und Salat. Montags
gabs dann Linsen mit Spätzle vom Vortag.
Keinen "bargeldloser
Zahlungsverkehr", kein Girokonto, kein Euroscheck, keine
EC-Karte
dafür
-
die Rente für Opa
gab's vom Geldbriefträger, der das Bargeld direkt an der
Wohnungstür auszahlte;
-
zur Kommunion bekam
man von der Sparkasse ein Sparbuch geschenkt mit einer Ersteinlage
von 5 DM(!) - das wären heute umgerechnet mindestens 25€!
Ich lebe heute in einer total anderen Welt!
Mehr zum Thema gibt es auf:
und
Als ich dann größer (so
ca 1,70m) und älter wurde (13 Jahre), also Anfang der 60er Jahre
- wurden die Radios immer
kleiner , sog. Transistorradios, die aus Japan oder Taiwan kamen,
jetzt ohne grünes Licht aber immer noch mit Rauschen;
- gab es beim Nachbar den ersten Fernseher mit sehr kleinem SW-Bildschirm (eher blau-weiß) in
einer sehr großen Vitrine – und man brauchte von der Post eine
Genehmigung für den Empfang!;
- wurde ein richtiger
Kühlschrank angeschafft und es gab im Sommer auch mal
selbstgemachtes Eis;
- gab es zunehmend Telefone in Privathäusern; sie waren mit einem festen Kabel an der Telefondose an der Wand verbunden, hatten eine Wählscheibe wurden von der Post angeschlossen und blieben Eigentum der Post; sie waren zuerst klobig und aus schwarzem Bakelit; später dann beige und etwas handlicher.


- immer mehr Autos sah man und
das Spielen auf der Straße wurde unmöglich;
- trug man Hemden aus
Kunstfasern wie Nylon und Nyltest, die merkwürdig rochen, wenn man
schwitzte;
- gab es Jeans, natürlich
Levis, die man 20cm länger kaufen musste weil sie bei der ersten
Wäsche einliefen und sehr viel Farbe verloren;
- den Geldbriefträger sah man
jetzt im Fernsehen und er hieß Herr Sparbier
- gab es immer noch als
Kommunikationsmittel Briefe, Postkarten und zum Geburts- oder
Hochzeitstag manchmal Telegramme (mit Schmuckbild);
- bekam ich einen Plattenspieler geschenkt, von Grundig und transportabel! Im Deckel war der Lautsprecher, so dass man das Gerät auch auf Parties mitnehmen konnte;
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Bild nur ähnlich |
- kauften wir uns kleine Schallplatten, die überall das gleiche kosteten, nämlich 5 DM, Langspielplatten 18 DM;
- und im Kino gab's Capri von Langnese: